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Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein : Thema: Ministerien & Behörden

Hotspot-Archäologie Flintbek

Am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ werden die Untersuchungen fortgeführt.

Letzte Aktualisierung: 07.05.2021

Am südlichen Ortsrand von Flintbek, Kreis Rendsburg-Eckernförde, soll in den nächsten Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Die Ortslage Flintbek mit seiner Umgebung ist seit den 1970er Jahren durch eine Vielzahl an sehr gut erhaltenen Grabanlagen der Stein- und Bronzezeit bekannt.

Diese Gräber, zumeist obertägig als Grabhügel erhalten, sind vor allem nordöstlich von Flintbek als langgestreckte Fundstellenkonzentration erfasst worden. Die geschwungene längliche Form dieser markanten Grabhügelballungen weist in etwa einen sichelförmigen Grundriss auf, der in seiner Grundform an die bekannten Flintsicheln des Spätneolithikums und der frühen Bronzezeit erinnert. Dies führte zur heute bekannten Bezeichnung „Flintbeker Sichel“, die synonym für die vielfältigen Gräber im Raum Flintbek steht.

Diese Fundstellenkonzentration ist mit einer ur- und frühgeschichtlichen Wegeführung in Verbindung zu bringen, die von Nordost nach Südwest am südlichen Ortsrand der heutigen Ortslage verlief. Direkt am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ liegt das Neubaugebiet, auf dem schon 2020 archäologische Hauptuntersuchungen stattfanden. Diese werden seit Anfang März 2021 in etwa 400 m Entfernung von der ersten Untersuchungsfläche fortgeführt.

Angesichts der im Raum Flintbek bislang bekannten Fundstellen, die bis auf wenige Ausnahmen der Stein- und Bronzezeit angehören, waren die Ergebnisse der Untersuchungen aus dem Jahr 2020 sehr überraschend. Erstmals gelang hier der Nachweis von Siedlungsspuren der Völkerwanderungszeit im Raum Flintbek überhaupt.

Insgesamt konnten vier Gehöfte mit teils sehr gut erhaltenen Langhausgrundrissen, darunter auch ein bislang noch sehr selten nachgewiesener Grundriss eines Hauses vom Typ Korridorhaus, freigelegt werden. Herausragend war die Untersuchung einer gepflasterten Zisternenanlage mit einem Durchmesser von 25 m, welche zu den absoluten Raritäten im Land zählt.

Die diesjährigen Ausgrabungen überraschen nach den Entdeckungen aus dem Jahr 2020 weiterhin. Zu den momentan aufgedeckten Strukturen gehören wiederum bisher sieben Langhausgrundrisse. Ein zurzeit noch unvollständig freigelegter Hausgrundriss weist mit etwa 30 m Länge die größten Ausmaße auf. Dieses Langhaus gehört mit zwei weiteren gut erhaltenen Häusern zu einem ehemals eingezäunten, mehrphasigen Gehöft mit einer Größe von ca. 6000 .

Bemerkenswert ist die Situation bei zwei weiteren Hausbauten innerhalb dieses Gehöftes. Nachdem das ältere dieser beiden Häuser durch einen Brand vernichtet wurde, errichtete man mit nur einer geringen Abweichung nach Süden über diesem Haus ein neues Gebäude. Dabei geriet der Brandschutt des abgebrannten Hauses teilweise in die Pfostengruben des jüngeren Gebäudes.

Ein Großteil des bislang geborgenen Fundmaterials stammt aus diesen Befunden. Die aus den Pfostengruben stammende Keramik datiert beide Häuser in das 5. Jh. n. Chr.. In diesem Zusammenhang hervorzuheben sind auch größere Reste von verkohlten Bauhölzern mit anhaftenden, verziegelten Flächen der ehemaligen Gebäudewand des abgebrannten Hauses, welche sich in einer direkt benachbarten Grube fanden. Zu dem Gehöft mit den drei Langhäusern gehörten auch zwei kleinere Wirtschaftsgebäude sowie ein Rutenberg und Vierpfostenspeicher. Die aufgrund erhaltener Pfostengruben nachweisbare Umzäunung des Gehöftes war zusätzlich als sog. Zaunparallele Anlage konstruiert worden, sodass sich am Zaun eine weitere Möglichkeit zur Speicherung von Nahrungsvorräten ergab.

Momentan sind bei den laufenden Ausgrabungen zwei größere Gehöfte erfasst worden. Dabei lassen sich beide aufgrund der geborgenen keramischen Funde in den Zeitraum des 4./5. Jh. n. Chr.. einordnen. Die Hauskonstruktionen der jüngeren Gehöftphasen könnten aufgrund typologischer Erwägungen sogar noch etwas jünger sein. Zurzeit werden weitere Teile der Baustrukturen freigelegt, die einen noch detaillierteren Einblick in die Struktur des Siedlungsplatzes erlauben werden.

Wie auch bei den Ausgrabungen des letzten Jahres wurde in den zurückliegenden Wochen eine großflächige Pflasterung in einem Senkenbereich entdeckt, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig freigelegt wurde. Bislang lässt sich erkennen, dass neben einer großflächig von einer Steinpflasterung umgebenen mutmaßlichen Zisterne ein gepflasterter Weg zu einer weiteren Wasserentnahmestelle führt. Dieser außergewöhnliche Befund wird in den kommenden Wochen vollständig untersucht werden und dürfte aufgrund seiner ausgezeichneten Erhaltung für weitere Überraschungen sorgen.

Die völkerwanderungszeitlichen Fundstellen gehören vermutlich zu einem umfangreichen Siedlungsplatz mit einer größeren zeitlichen Tiefe, der sich, soweit sich derzeit sagen lässt, in lockerer Streuung am gesamten südöstlichen Ortsrand von Flintbek entlangzieht. Aufgrund der neuen Erkenntnisse und der ungewöhnlich guten Erhaltung der Befunde kann im Zusammenhang mit den zuvor bekannten zahlreichen Fundstellen zu Recht von einem „archäologischen Hotspot“ im Bereich und dem Umfeld von Flintbek gesprochen werden.

Luftbild mit markierten und schon untersuchten, teilweise noch unvollständigen Hausgrundrissen innerhalb eines völkerwanderungszeitlichen Gehöftes von Flintbek.
Ein über einem abgebrannten Haus errichtetes Haus wird im Luftbild durch markierte Pfostengruben verdeutlicht.
Verkohltes Bauholz eines abgebrannten Hauses in einer Grube von Flintbek mit verziegelten Resten der Lehmwand.
Keramikgefäße in einer Grube von Flintbek.
Miniaturgefäß aus einer Grube von Flintbek in Fundlage.

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