Beispiele für Funde von Munition und Munitionsbestandteilen an deutschen Stränden
Achtung: Munitionsteile sehen nach über 70 Jahren im Meer sehr verschieden aus. Gezeigt werden Beispiele, also eine unvollständige Sammlung von Abbildungen. Wirklich erkennen und die Gefahr amtlich bewerten können nur die Fachleute für Kampfmittelbeseitigung der zuständigen Landesbehörde.
Ankertaumine im Niedersächsischen Wattenmeer, 2014
Strandfunde
Weißer Phosphor
Weißer Phosphor - selbstentzündend, hochgiftig und im Meer vermutlich unbegrenzt beständig. Er kann mit Bernstein verwechselt werden.
Insbesondere bei Sturmwindlagen wird weißer Phosphor in Brockenform an Strände der deutschen Küste gespült. Dies betrifft vor allem Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Schleswig-Holstein hat es einzelne Fälle gegeben.
Weißer Phosphor findet als Wirkmittel in bestimmter Brandmunition Verwendung (z.B. Phosphor-Brandbomben) und wurde früher auch in Nebelmunition eingesetzt.
Selbstentzündend.
Weißer Phosphor ist die reaktivste Form (genauer: Modifikation) elementaren Phosphors, von farblos-durchsichtiger bis gelblicher (syn.: Gelber Phosphor), wachsartiger Erscheinung, und entzündet sich unter Kontakt mit Sauerstoff bei 20-40 °C selbst, wobei er dann mit einer bis zu 1.300 °C heißen Flamme unter starker Entwicklung weißen Rauchs brennt. Durch das bei Sauerstoffkontakt unter anderem gebildete Phosphortrioxid wird weißem Phosphor indirekt ein markanter, knoblauchartiger Geruch zugesprochen.
Giftig.
Neben der Brandwirkung und den entsprechend bei Hautkontakt schon durch geringe Mengen verursachten schweren Verletzungen, sind weißer Phosphor und seine Dämpfe (sowie bestimmte Reaktionsprodukte) hochgiftig. Mengen ab 1 mg/kg Körpergewicht können zum Tod führen. Weitere Informationen erhalten Sie über das Giftinformationszentrum-Nord: 0551 - 19240
Beständig
Da sowohl die Lösungsgeschwindigkeit als auch die Löslichkeit des weißen Phosphors schon in Süßwasser sehr gering sind (rd. 3 mg/L bei 15 °C), wird weißer Phosphor in sauerstofffreiem und salzhaltigem Wasser als wahrscheinlich auf unbeschränkte Zeit persistent eingeschätzt.
Hintergrund – Feuersturm und Meereswellen
Bis heute wird besonders bei Sturmwindlagen weißer Phosphor in Brockenform an Strände der deutschen Küste gespült. Dies betrifft vor allem Mecklenburg-Vorpommern, doch auch an schleswig-holsteinischen Stränden ist es schon zu Anspülungen gekommen. Weißer Phosphor stellt dann eine Gefährdung dar, durch die im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl von Personen zu Schaden gekommen ist, insbesondere im Bereich um Usedom.
Usedom
Auf das Gebiet um Peenemünde, wo sich im 2. Weltkrieg eine Heeresversuchsanstalt befand, wurde am 17./18.08.1943 durch die Royal Air Force ein Bombenangriff geflogen, bei dem phosphorhaltige Brandbomben weit an den Zielen vorbei auch in die küstennahen Bereiche der Ostsee fielen.
Nach den derzeit verfügbaren britischen Unterlagen wurden bei dem Angriff 10.282 Brandbomben (Typ INC 30 lb Mk III, Flüssigbrandbombe, rd. 14 kg) und 79.840 Stabbrandbomben (Typ INC 4 lb, rd. 2 kg, Füllung ohne weißen Phosphor) abgeworfen. Unter der Annahme, dass ca. 40 % der Brandbomben als Fehlwürfe ins Meer gelangten und dass nach den heuten verfügbaren Angaben durchschnittlich ca. 300 g weißen Phosphors (fester Phosphor ohne Kautschukzusatz, Schwankungsbreite 150-600 g) in der Bombenspitze der INC 30 lb Mk III Flüssigbrandbombe eingegossen waren, ergibt sich eine Gesamtmenge von rund 1,2 t weißen Phosphors (bei maximaler Füllmenge rund 2,5 t), die ins Meer gelangten.
Aufgrund der Zünderkonstruktion haben die Brandbomben ausgelöst und die Brandmasse sowie der als Anzünder dienende Phosphor wurden ausgestoßen. Allerdings hat sich der Phosphor beim Eintritt in das Wasser nicht entzündet oder ist abgesunken und wieder gelöscht worden, so dass er nun in Brockenform vorliegt. Freigespülter Phosphor ähnelt sehr stark Bernstein, der gern an Stränden gesammelt wird. Sobald Phosphor aber beispielsweise in der Hosentasche getrocknet ist, entzündet er sich von selbst, wodurch beispielsweise im Herbst 2004 eine Touristin bei Peenemünde schwere Verbrennungen erlitt.
Eine Übersicht über die Hintergründe, Gefahren und eine Aufstellung und Bewertung der örtlichen Schutzmaßnahmen am Beispiel Usedom bietet die …
"Schießwolle 39" - Sprengstoff aus deutschen Minen
Funde von so genannter "Schießwolle 39" im Strandsand bei der Ortschaft Kalifornien, Gemeinde Schönberg (Kreis Plön) wiederholten sich: Im Mai 2013 meldeten Nabu SH und verschiedene Medien einen zweiten Fund. Bereits im Sommer 2012 hatten Kinder einen rund 1.500 Gramm schweren, ziegelsteinförmigen Brocken gefunden und zunächst mitgenommen auf das Grundstück ihres Ferienhauses. Funde kleinerer Brocken sind nun auch vom nördlich der Kieler Förde gelegenen Strandabschnitt "Falkensteiner Strand" (2019) und dem Steilufer vor Stohl und Bülk (Kreis Rendsburg-Eckernförde) bekannt geworden.
Ein engagierter Sammler von Steinen aus dem eiszeitlichen Geschiebe an der Ostseeküste von Schleswig-Holstein hatte wiederholt steinähnliche Brocken gefunden. Die Berichterstattung über die Funde von Schönberg hatten ihn auf die Idee gebracht, dass es sich auch hierbei um "Schießwolle 39" handeln könnte. Laboruntersuchungen des Landeskriminalamtes haben diesen Verdacht nun bestätigt.
Zuvor fanden Angehörige einer Urlauberfamilie aus Niedersachsen am 9. Mai 2013 einen Brocken "Schießwolle 39" am Fuß einer Mole. Das Landeskriminalamt bestätigte den Fund und entsorgte den gefährlichen Gegenstand. Auch der betroffene Strandabschnitt wurde noch einmal mit fachkundigen Augen abgesucht.
Im Jahr 2012 hatte eine andere Familie notizgenommen von einer Gelbverfärbung der Haut an den Händen und von Kleidungsstücken eines Kindes. In einem vermeintlichen Stein wurde die Ursache gefunden – „Schießwolle 39“ färbt heftig gelb ab. Die Farbe lässt sich auch nicht einfach abwaschen.
Die zurate gezogenen Mediziner und die Polizei ergriffen geeignete Maßnahmen zur Versorgung des Jungen und zur Entsorgung des sichergestellten Sprengstoffs. Mehr zum Vorgehen im Detail ist den Medieninformationen (unten) zu entnehmen.
Informationen zu „Schießwolle 39“
„Schießwolle 39“ ist die Produktbezeichnung für die Wirkladung der großen Waffen der deutschen Marine, zwischen 1939 und 1945. Zwischen 75 und 600 Kilogramm dieses Gemisches aus verschiedenen Sprengstoffen, stabilisierenden Substanzen und Ergänzungsstoffen (Metallspänen) kann man in den verschiedenen Seeminen und Torpedoköpfen finden. Auch in dem Munitionsversenkungsgebiet Kolberger Heide muss das Landeskriminalamt seit einigen Jahren mit diesem Weltkriegsrelikt umgehen.
Seit 2011 werden den Behörden immer wieder Funde von "Stangenpulver" angezeigt. Die Makkaroni artigen Stangen sind fest, grau oder dunkelrot. Manche Funde stammen aus dem Spülsaum. Bei Niedrigwasserstand werden diese Stangen auch zwischen den ersten Steinen gefunden, die bei normalem Wasserstand noch überspült sind.
Treibladungen entwickeln den Gasdruck, der Granaten aus Rohren von Kanonen, Haubitzen und anderen Rohrwaffen treibt. Um die Granate ins Ziel zu bringen, müssen an die jeweiligen Verhältnisse angepasste Mengen an "Schießpulver" in die Waffen geladen werden. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts nutzt man Hülsen, Kartuschen oder andere Gebinde dazu, stets genau die richtige Ladung einzusetzen. Diese Treibladungsbehälter haben eher dünne Wände und so verwundert es nicht, dass solche Hülsen nun ihren Inhalt frei geben.
Funde dieser stangenförmigen, festen, 4 bis 8 Millimeter dicken Stangen, mit einem oder bis zu sieben Löchern in der Mitte, werden aus dem Spülsaum gemeldet oder zwischen den Steinen am Ufer, die bei extremen Niedrigwasser freigegeben werden. Ein Schwerpunkt scheint nördlich von Kiel zu liegen, bis hinauf nach Gelting.
Die Fotos zeigen eher graue Stangen aus Nitrozellulose und rötliche aus Nitroglyzerinzellulose. Die Stangen sollten nicht mit bloßen Händen angefasst werden, um Anhaftungen giftiger Inhaltsstoffe an die Haut zu vermeiden. Informieren Sie die Strandwacht, die Feuerwehr oder die Polizei über 110.
Die Hülle aus Metall ist durch Rost und Anhaftungen in Farbe und Form stark verändert. Oft erinnern im Meer gefunden Kampfmittel an Steine oder Tonklumpen - die Gefahr lauert im Inneren. Mit der Auswahl von Bildern soll unterstrichen werden, wie schwierig es ist, Munition aus dem Meer zu erkennen. Wenden Sie sich an die Strandaufsicht, wenn Sie Metallteile finden, die sie für sich zunächst keiner anderen Funktion zuordnen können.
Munition gelangte absichtlich und unabsichtlich ins Meer. Granaten wurden verschossen, Minen gelegt und Bomben abgeworfen ohne im Ziel zu explodieren. Beim Minenräumen wurden Ankertauminen vom Anker abgeschnitten und anschließend durch öffnen des Schwimmers versenkt. Die Minenbehälter sanken auf den Meeresboden, wo sie von Fischern wieder aufgefischt oder von Baufirmen vor der Errichtung von Windparks gefunden werden.
Entbehrliche Munition wurde nach dem Krieg versenkt, eigentlich an genau festgelegten Positionen, doch wie sich heute herausstellt, wurden Kampfmittel oft auch schon unterwegs zu den bezeichneten Versenkungsgebieten außen Bords gegeben. Hinzu kommen Waffen in Wracks und verlorene Munition, die an Steganlagen oder Reeden gefunden wird. Es gibt also vielfältige Möglichkeiten und die Kräfte der Natur sorgen nun manchmal dafür, dass Munitionsteile wieder an den Strand gelangen oder aus dem Sand freigespült werden, nachdem sie Jahrzehnte unentdeckt am Strand lagen.
Wenn Sie Munitionskörper finden, handeln Sie umsichtig:
Erkannten Munitionskörper im Gelände markieren - dabei denselben nicht anfassen, umlagern oder anstoßen!
Bitte niemals das Kampfmittel aufnehmen und zur Polizei bringen - oft ist schon die Inbesitznahme dieser Gegenstände verboten, gefährlich ist es so wie so!
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