Peter Heidel ist selbstständiger Wasserbauingenieur aus Flintbek im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Während des „Jahrhunderthochwassers“ im Juli 2002 mit sintflutartigen Regenfällen und schweren Überschwemmungen von Elbe und ihren Nebenflüssen war der Fachmann für Binnenhochwasser im Dauereinsatz. Bis heute berät er Menschen, wie sie wasserstark werden.
Letzte Aktualisierung: 04.09.2023
In den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Deutschland ist bei dem extremen Starkregenereignis im Juli 2002 in 24 Stunden so viel Regen gefallen, dass das Wasser nicht mehr wusste, wohin. Auch Schleswig-Holstein war stark betroffen. Schöpfwerke konnten das Wasser nicht mehr abführen. Es kam vielerorts zum Binnenhochwasser. Ich war damals als Verbandsingenieur für über 50 Wasser- und Bodenverbände im Land tätig und tagelang nur unterwegs, um die Lage in Augenschein zu nehmen.
Eine Szene erinnere ich besonders: Ich wurde zu einem Neubau in einem Dorf in der Probstei gerufen. Das Haus war nicht hochwasserfest und die Bewohner, eine junge Familie, machten sich Sorgen. Die Sonne schien, wir standen in der Stube am Fenster. Plötzlich sahen wir, dass das angrenzende Kornfeld in Bewegung kam. Als wenn eine Rotte Wildschweine das Haus stürmen wollte. Das war aber die Flutwelle. Innerhalb von wenigen Sekunden war das Wasser im Haus. Die Familie musste es später verkaufen … Oder das Haus an der Hohenfelder Mühle. Da floss die Mühlenau auf einmal mitten durchs Wohnzimmer und die Mühlengebäude. Das Wasser kam in Strahlen aus Fenster und Türen.Da halfen auch keine Gummistiefel mehr.
Damals waren die Gefahren durch Hochwasser natürlich erst einmal das Thema. Trotzdem mache ich immer wieder die Erfahrung, dass selbst hier im Land zwischen den Meeren viele Menschen Hochwasser einfach nicht auf dem Schirm haben. Ich erkläre dann immer: Wenn Wasser in Bewegung kommt, fließt es manchmal mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde. Wenn zum Beispiel fünf Kubikmeter Wasser in der Sekunde in einem kleinen Bach abfließen, haben die die Kraft von fünf Tonnen. Das sind zweieinhalb VW Golf! Als Mensch haben wir gegen solche Kraft keine Chance. Den meisten wird das aber erst klar, wenn wieder ein Hochwasserereignis eintritt.
Dabei kann man eine Menge machen, um wasserstark zu werden. Nicht so nah am Wasser bauen, Gebäude auf einen Sockel setzen und vor allem: dem Wasser Platz lassen.
Als Erster in Schleswig-Holstein hat sich danach der Gewässerunterhaltungsverband Schönberger Au in der Probstei auch um Überflutungsflächen gekümmert, nach dem Motto „Wasser in der Landschaft halten“. Die betroffenen Landwirte bekommen dann eine entsprechende Entschädigung für den Ernteverlust. Außerdem eröffnet die Europäische Wasserrahmenrichtlinie die Möglichkeit, Natur- und Hochwasserschutz zu vereinbaren, denn verbreiterte Gewässer haben auch einen höheren ökologischen Wert.
Ich selbst habe schon im jungen Alter ein Haus auf einem kleinen Hügel gebaut. Da wohne ich bis heute. Ich war wohl schon immer sehr vorausschauend.
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