KIEL. Durch Änderung und Ergänzung von 18 Bundes- und Landesgesetzen können Ausbauprojekte im Bereich der Energieversorgung und des Küstenschutzes sowie der Straßen-, Hafen und Schieneninfrastruktur künftig deutlich schneller geplant und umgesetzt werden. Auch im Bereich der Digitalisierung von Genehmigungs- und Anhörungsverfahren gibt es erhebliches Beschleunigungspotenzial. Das ist das Ergebnis einer mehrmonatigen Analyse bestehender Rechtsvorschriften durch Experten der Landesregierung. Nun sollen die Vorschläge konkretisiert, mit dem Bund abgestimmt und rasch umgesetzt werden.
"Unsere Fachleute sehen in rund der Hälfte aller untersuchten Normen auf Bundes- und Landesebene erhebliches Beschleunigungspotenzial – unter anderem dann, wenn man für bestimmte Vorhaben ein überragendes öffentliches Interesse definiert
", sagte Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen heute (17. Oktober) in Kiel. Zuvor hatte das Landeskabinett einen entsprechenden Bericht des Wirtschaftsministeriums verabschiedet (siehe Anlage). Madsen machte auch deutlich, dass in vielen gesetzlichen Regelungen das Beschleunigungspotenzial bereits ausgeschöpft sei.
Die Änderungsvorschläge des Landes betreffen vor allem das Planfeststellungsrecht für Verkehrsinfrastrukturvorhaben oder Projekte der Energieversorgung durch Erneuerbare Energien. "Neben einer bundes- wie landesgesetzlichen Festlegung eines überragenden öffentlichen Interesses an bestimmten Vorhaben – wie etwa beim geplanten Brunsbütteler LNG-Terminal – geht es auch darum, Bagatellvorhaben von der Planfeststellung auszunehmen oder die aufwändigen Umweltverträglichkeitsvorprüfungen maßvoll zu begrenzen
", sagte Madsen. Als Beispiele nannte er den Bau von Radwegen an bestehenden Landesstraßen oder Energie-Zuleitungen von weniger als 100 Metern Länge. Madsen machte aber auch klar: "Bei den Vorschlägen wird die Landesregierung sehr genau darauf achten, Grenzen des Rechtsschutzes nicht zu unterschreiten.
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Auch bei den Erlaubnissen von Großraum- und Schwertransporten für Teile von Windenergieanlagen sieht die Landesregierung Handlungsbedarf: "Wir haben in der Vergangenheit schon oft die betroffenen Akteure aus der Branche und die Genehmigungsbehörden an einen Tisch gebracht und Lösungen für den Antrags-Stau bei den Transporten der Anlagebauteile gesucht. Aber auch auf rechtlicher Ebene wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen
", sagte Madsen. Dafür soll eine Priorisierungsvorgabe in die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung aufgenommen werden.
Ein weiterer wichtiger Baustein sei die Einführung einer Stichtagsregelung für behördliche Zulassungsentscheidungen. "Bisher müssen etwa Umweltdaten und Prüfmethoden während eines Planungs- und Genehmigungsverfahrens laufend aktualisiert werden – das ist aus meiner Sicht ein Hemmschuh, mit dem wir nicht nur bei der A 20 oder der Fehmarnbeltquerung zu kämpfen haben und hatten
", so Madsen. Abhilfe könnte eine auf den Abschluss des Anhörungsverfahrens zielende Stichtagsregelung sein. "Damit kämen wir übrigens auch einer Forderung nach, die seit Jahren von Expertengremien erhoben wird - nicht zuletzt vom 2016 vom Bund ins Leben gerufenen Innovationsforum Planungsbeschleunigung.
" Bislang, so Madsen, habe der Bund leider von der Umsetzung des wichtigen Reformvorschlages abgesehen.
Erhebliches Beschleunigungspotenzial sieht der Minister auch in einer möglichst frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung im Bereich Straßenbau sowie in der Wiedereinführung der Pflicht von Klägern, ihre Einwendungen und Beweise bereits im Planungsverfahren einzuführen und nicht erst im Zuge einer Klage. Die früheren bestehenden Regelungen zur Zurückweisung von Einwendungen hatte der Europäische Gerichtshof 2015 in einem Grundsatzurteil abgelehnt. "Aus meiner Sicht lohnt sich hier aber ein gemeinsamer neuer Anlauf mit dem Bund, weil es für eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren mit anschließender gerichtlicher Überprüfung von entscheidender Bedeutung ist, dass der Zulassungsbehörde alle maßgeblichen umweltrechtlichen Gesichtspunkte möglichst frühzeitig bekannt sind
", sagte Madsen.
Im Hinblick auf eine stärkere Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren erinnerte der Minister daran, dass die Umstellung des so genannten "Verkündungswesens" bereits mit Hochdruck vorangetrieben werde. Madsen: "Schon jetzt sind natürlich Dinge wie Planfeststellungsbeschlüsse bei uns elektronisch einsehbar – aber nach wie vor sind wir auch verpflichtet, teilweise meterweise Akten gleichzeitig in verschiedenen Rathäusern auszulegen – das passt nicht mehr in die Zeit und hier sehe ich ebenfalls ein großes Beschleunigungspotenzial.
" Vor allem könnten die Zeiträume zwischen Ausfertigung der jeweiligen Reinschriften und der Veröffentlichung im amtlichen Publikationsblatt in Zukunft deutlich verkürzt werden.