KIEL. Die Zahl der in Schleswig-Holstein registrierten Straftaten ist im vergangenen Jahr mit 173.929 auf den niedrigsten Stand seit 1977 gesunken. Die Aufklärungsquote stieg im Gegenzug auf 55,8%, die beste überhaupt seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1963. Das gab Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack heute (18. März 2021) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Rolfpeter Ott, dem zuständigen Abteilungsleiter im Landeskriminalamt, bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) bekannt. Die PKS ist die wichtigste Datengrundlage für die Bewertung der Kriminalität auch im bundesweiten Vergleich.
Die Ministerin betonte, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2020 erkennbare Kriminalitätsentwicklung sei in vielen Bereichen maßgeblich durch pandemiebedingte Faktoren geprägt worden. "Allerdings ist dabei die Anzahl der Straftaten mit einem unmittelbaren Corona-Bezug insgesamt als sehr gering einzustufen
", sagte sie. 281 Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz wurden über das Jahr erfasst. Widerstandshandlungen oder andere Fälle von Gewalt in direktem Zusammenhang mit der polizeilichen Durchsetzung von Auflagen wie dem Abstandsgebot, der Maskenpflicht oder von Kontaktbeschränkungen seien nur in sehr wenigen Einzelfällen registriert worden.
Die zur Bekämpfung der Pandemie erforderlichen Lockdowns hätten mit all ihren Zumutungen für die Menschen den Druck in belasteten Partnerschaften noch einmal massiv erhöht, betonte die Ministerin. Seitens der Frauenberatungsstellen und auch weiterer Opferschutzorganisationen wie des Weißen Ringes habe es im vergangenen Jahr bereits Hinweise auf eine Zunahme partnerschaftlicher Gewalt gegeben. Sütterlin-Waack: "Das wird nun durch die offiziellen Zahlen leider bestätigt. 2020 wurde ein Anstieg von 3,7 Prozent registriert, dahinter verbergen sich 180 Betroffene mehr als im Vorjahr. Und leider werden noch weitere hinzukommen.
" Denn über die Tatmonate Oktober bis Dezember und damit die Kernphase des 2. Lockdowns könnten noch keine verlässlichen Aussagen getroffen werden, da Fälle aus diesem Zeitraum möglicherweise noch in Bearbeitung oder noch nicht zur Anzeige gekommen sind.
Ebenfalls in Folge der Pandemie ist im Bereich der Wirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit Betrug eine sehr deutliche Steigerung zu verzeichnen. So wurden 169 Fälle des Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit der Gewährung von "Corona-Soforthilfen" im Frühjahr 2020 erfasst. "Die Verfahren sind sehr umfangreich und in vielen Fällen auch mit intensiven Finanzermittlungen verbunden. Deshalb konnten noch nicht alle im Jahr 2020 abgeschlossen und in der Statistik erfasst werden
", betonte die Ministerin. Aus diesem Grund sei auch in der Statistik für das Jahr 2021 mit einer fast gleich großen Anzahl von Fällen des Subventionsbetrugs zu rechnen. Die Neuregelung der Beantragung der Corona Hilfen über Rechtsanwälte oder Steuerberater habe zum Jahreswechsel in Schleswig-Holstein jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Verdachtsfälle geführt.
Der mit 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr noch einmal enorme Rückgang bei den Wohnungseinbrüchen sei sicherlich auch auf die Einschränkungen im Reiseverhalten, das Arbeiten im Homeoffice und das veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung zurückzuführen. Die Zahlen seien nun das fünfte Jahr in Folge auf mittlerweile 3.268 gesunken. Das bedeutet im Vergleich zu 2015 (8.456) mehr als eine Halbierung dieser besonders in die Privatsphäre und das Sicherheitsgefühl der Menschen eingreifenden Taten. "Die seit Jahren vorgenommene Schwerpunktsetzung unserer Polizei in diesem Bereich zahlt sich also ganz klar aus. Besonders erfreulich ist, dass in keinem Kreis im Jahr 2020 ein Anstieg an Wohnungseinbrüchen verzeichnet werden musste
", so die Ministerin. Die Aufklärungsquote habe innerhalb der fünf Jahre von 8,9 auf 14,5 Prozent erhöht werden können. Ein großer Anteil der nichtgeklärten Taten werde immer noch professionell agierenden reisenden Tätergruppierungen zugerechnet. Die Ministerin wies in dem Zusammenhang noch einmal auf das Einbruchsschutzprogramm des Landes hin, für das auch in diesem Jahr noch Mittel zur Verfügung stünden.
Betroffen zeigte sich Sütterlin-Waack vom erneuten Anstieg der Gewalt gegen Polizeikräfte um 26 Fälle auf insgesamt 1.280 Fälle mit 2.872 beteiligten Polizeikräften. 440 von ihnen wurden verletzt. "Diese Beamtinnen und Beamten waren dabei im Dienst für unser aller Sicherheit. Wir wissen obendrein, dass die Intensität der Gewalt erneut zugenommen hat. Und deshalb sind unsere Investitionen in die Schutzausstattung ebenso richtig, wie die zum Schutz unserer Polizeikräfte vorgenommenen Anpassungen der Gesetzgebung – ich nenne hier nur die Zulassung von Bodycams
", sagte die Ministerin.
Die in der PKS erfassten Vermögens- und Fälschungsdelikte seien 2020 um 1.318 auf 26.513 Fälle zurückgegangen. Allerdings seien die Fallzahlen der im Zusammenhang mit dem Online-Handel begangenen Straftaten im Jahr 2020 besonders in den Deliktsbereichen gestiegen, bei denen der Verkäufer der Täter ist. Sütterlin-Waack: "Häufig werden Waren- und Leistungsangebote aus dem Ausland heraus besonders günstig im Internet angeboten. Nach der Zahlung erfolgt eine Lieferung oder Leistung dann jedoch sehr oft nicht.
"
Gerade im Internet machten Straftaten, deren Handlungsort im Ausland zu vermuten ist, mittlerweile einen sehr relevanten und immer noch zunehmenden Teil der die Menschen in Schleswig-Holstein belastenden Kriminalität aus. Solche Fälle werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht erfasst. Schleswig-Holstein registriert diese Delikte deshalb in einer gesonderten Statistik. Im Jahr 2020 waren dies allein 15.250 Vermögens- und Fälschungsdelikte, davon 14.943 Betrugsdelikte.
"Darunter fallen gerade auch organsierten Betrügereien über Call-Center. Vor allem zum Nachteil unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger, wie der Enkeltrick, der falsche Polizist oder die Gewinnversprechen
", so Sütterlin-Waack.
Rolfpeter Ott führte aus, dass der Vorjahresvergleich im Bereich der Rohheitsdelikte einen Rückgang um 1.037 Fälle ( -3,8%) zeige. Bei differenzierter Betrachtung werde deutlich, dass sich der Rückgang auf die Körperverletzungsdelikte beschränke. Neben vielen positiven Entwicklungen sei leider im Jahr 2020 ein Anstieg bei den Sexualdelikten um 10,7% auf insgesamt 2.713 Fälle registriert worden. Darunter stiegen die Fallzahlen zu Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung von kinderpornografischen Inhalten im Vorjahresvergleich um 30 %. "Wir gehen davon aus, dass diese Steigerung auch eine Aufklärung des Dunkelfeldes durch Kontrollmechanismen im Internet darstellt. Jedoch ist jeder Fall einer zu viel und daher werden wir weiterhin mit Nachdruck in diesem sehr ermittlungsintensiven und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch stark belastenden Deliktsbereich arbeiten
", betonte Ott.
Auch die Anzahl der registrierten Rauschgiftdelikte ist in 2020 erneut gestiegen und liegt erstmals über 11.000. In 2020 wurden insgesamt 590 Fälle mehr erfasst als im Vorjahr. Der Polizei sei es vermehrt gelungen, schwerere Straftaten wie z. B. Handel mit großen Mengen aufzudecken; dies sei ein Schwerpunkt der Polizei in diesem Deliktsbereich, so Ott.
Die gesamte Polizeiliche Kriminalstatistik können Sie unter folgendem Link einsehen:
Kriminalstatistik
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