Am 15. September 1848 beschloss die erste demokratisch gewählte Volksversammlung in Schleswig-Holstein Deutschlands erste Verfassung.
Letzte Aktualisierung: 24.03.2023
Für die Deutschen war es eine "Erhebung", für die Dänen ein "Oprør", also ein Aufruhr – und doch stehen beide Worte für dasselbe Ereignis vor 175 Jahren, das die weitere Entwicklung Schleswig-Holsteins entscheidend geprägt hat. Doch von Anfang an: Wir befinden uns im Frühjahr 1848. In ganz Europa erheben sich die Menschen, fordern Freiheit, Verfassung und Nationalstaat – auch im heutigen Schleswig-Holstein. Hier überschneiden sich zwei liberale Bewegungen. Auf der einen Seite stehen dänische Nationalisten, die sogenannten "Eiderdänen". Sie fordern einen dänischen Nationalstaat, dessen Südgrenze die Eider bilden soll. Ihnen gegenüber stehen die deutsch gesinnten Schleswig-Holsteiner: Sie wollen Teil eines deutschen Gesamtstaates werden.
Im März 1848 verschärfen sich die Spannungen zwischen den beiden Gruppen. In Kopenhagen bildet der dänische König am 22. März 1848 ein vorwiegend aus Eiderdänen bestehendes Ministerium und erkennt deren Programm an, nämlich die Einverleibung Schleswigs. Gerüchte darüber verbreiten sich am nächsten Tag in Kiel und sorgen für Furore. Im Rathaus setzen sich Vertreter der deutschen Volksbewegung zusammen und diskutieren über das weitere Vorgehen. Noch in der Nacht auf den 24. März tritt der Liberale Wilhelm Hartwig Beseler vor das Kieler Rathaus und verkündet die Gründung einer provisorischen demokratischen Regierung. Zum Schluss seiner Rede singt die Menge auf dem Rathausplatz "Schleswig-Holstein, meerumschlungen".
Am Morgen nach der Verkündung zieht eine bewaffnete Truppe nach Rendsburg, um die dortige Festung und ihre Besatzung für die schleswig-holsteinische Sache zu gewinnen. Auch andere Teile der Armee stellen sich auf die Seite der Provisorischen Regierung, die schon bald auch von der deutschen Großmacht Preußen anerkannt wird. Kurze Zeit später kommen Truppen des Deutschen Bundes in den Norden, um die Schleswig-Holsteiner im Krieg gegen Dänemark zu unterstützen.
Gleichzeitig beginnt die Provisorische Regierung mit umfassenden Reformen. Nur zwei Tage nach ihrer Einsetzung beschließt sie die Versammlungs- und Pressefreiheit. Im Sommer ordnet die Regierung die Wahl eines Parlaments an, das dann eine Verfassung erarbeiten soll. Dieses verabschiedet am 15. September 1848 ein Staatsgrundgesetz mit umfassenden Grundrechten – als erste Region in Deutschland und Monate vor der ersten Verfassung des Deutschen Reiches, die in der Frankfurter Paulskirche verabschiedet wird.
Diese Entwicklung stößt vielerorts auf große Resonanz. Kein geringerer als der bedeutende Philosoph, Journalist und kommunistische Revolutionär Friedrich Engels kommentiert die neue Staatsverfassung mit den Worten "Schleswig-Holstein hat durch diese Regierung demokratischere Gesetze erhalten als irgendein anderer deutscher Staat. Der vorgelegte Verfassungsentwurf ist der demokratischste, der je in deutscher Sprache abgefasst worden ist."
Während im Norden der Krieg tobt, sprechen sich verschiedene europäische Großmächte, darunter Frankreich, England und Russland für die Erhaltung eines dänischen Gesamtstaats aus und zwingen damit Preußen an den Verhandlungstisch. Am 26. August 1848 vereinbaren Preußen, Schleswig-Holstein und Dänemark in Malmö einen Waffenstillstand. Kurz darauf zieht Preußen seine Truppen aus Schleswig-Holstein ab. Nach sieben Monaten endet der Waffenstillstand, allerdings sind die deutschen Truppen den dänischen ohne die preußische Unterstützung deutlich unterlegen. 1852 werden die beiden Herzogtümer im Londoner Protokoll wieder dem dänischen König unterstellt – die Erhebung ist beendet.
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