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Rungholt

Neueste Erkenntnisse über untergegangene Siedlungen im nordfriesischen Wattenmeer in Nature Scientific Reports veröffentlicht

Letzte Aktualisierung: 12.07.2024

Das erste umfassende Bild von „Rungholt“

Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), des Leibniz-Zentrums für Archäologie am Standort Schleswig (LEIZA-ZBSA), des Exzellenzclusters ROOTS an der CAU sowie des Archäologischen Landesamts Schleswig-Holstein (ALSH) untersuchen seit zehn Jahren interdisziplinär die Strukturen untergangener Siedlungen im nordfriesischen Wattenmeer. Die Ergebnisse der bisherigen Arbeit hat das Team jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Scientific Reports veröffentlicht.

„Wir präsentieren erstmals eine umfassende Rekonstruktion der 1362 untergegangenen Edomsharde und der mit ihr verbundenen Siedlung Rungholt anhand neuer geophysikalischer, geoarchäologischer und archäologischer Daten”, sagt Erstautor Dr. Dennis Wilken, Geophysiker an der CAU und Mitglied im Exzellenzcluster ROOTS.

Die Kombination der verschiedenen Methoden erlaubt nicht nur ganz neue, detaillierte Einblicke in die mittelalterlichen Siedlungen. Sie ermöglicht auch Aussagen darüber, wie die Landschaft aussah, bevor der Mensch begann, sie im hohen Mittelalter intensiv zu nutzen.

„Wir haben herausgefunden, dass sich diese Siedlung in einer Küstenniederung befand, in der die vormittelalterlichen, natürlichen Bedingungen von ausgedehnten Torfgebieten dominiert wurden“, erläutert die zweite Hauptautorin Dr. Hanna Hadler, Geographin an der JGU Mainz.

Die mittelalterliche Landgewinnung und Besiedlung der Marschen war dann mit einem umfangreichen Torfabbau zur Kultivierung der darunter liegenden fossilen Marschböden verbunden. Die von dem Team rekonstruierten Landgewinnungsmaßnahmen und das Siedlungsmuster des Rungholt-Gebietes mit Warftenreihen und langgestreckten Hufen passen gut in das Muster der typischen mittelalterlichen Besiedlungsweise von Küstenmarschen und Niedermooren. Bislang konnten die Forschenden 64 ehemalige Warften in einem Gebiet von etwa 10 Quadratkilometern Größe nachweisen.

Schätzungen, in die auch historische Vergleiche zu Opferzahlen bei Sturmfluten des 17. Jahrhunderts eingeflossen sind, ergeben eine Bevölkerung von etwa 1000-1300 Menschen für das untersuchte Gebiet.

Vorläufiger Höhepunkt der Forschung im Wattenmeer war 2023 die Entdeckung eines 40 mal 15 Meter großen Kirchenfundaments westlich der heutigen Halbinsel Nordstrand.

„Die Kirche muss eine der Hauptkirchen der mittelalterlichen Edomsharde gewesen sein. Die Größe der Kirche und weiteres Fundmaterial deuten auf eine durchaus wohlhabende Gemeinschaft“, sagt Co-Autorin Dr. Ruth Blankenfeldt vom LEIZA-ZBSA.

Die aktuelle Studie zeigt aber auch den starken menschlichen Einfluss und die vom Menschen verursachte Umgestaltung einer ehemals natürlichen Küstenlandschaft.

„Die Kultivierungsmaßnahmen ermöglichten sicherlich für eine gewisse Zeit eine rentable landwirtschaftliche Nutzung. Langfristig haben der Torfabbau und die Entwässerung der Felder das Land jedoch tiefer gelegt. Das hat die Anfälligkeit für Überschwemmungen drastisch erhöht, was in der Sturmflut von 1362 und den Landverlusten gipfelte“, ergänzt Co-Autor Dr. Bente Sven Majchczack vom Exzellenzcluster ROOTS.

Originalarbeit:

Wilken, D., Hadler, H., Majchczack, B.S. et al.

The discovery of the church of Rungholt, a landmark for the drowned medieval landscapes of the Wadden Sea World Heritage. Sci Rep 14, 15576 (2024).

Weitere Informationen über die Forschungsarbeiten im Wattenmeer

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