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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Entscheidung: Zur Vollstreckbarkeit eines belgischen Urteils wegen Markenrechtsverletzung (Jeansnähte) in Deutschland

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass ein belgisches Urteil in Deutschland vollstreckt werden kann. Ein belgisches Gericht hatte einem Jeans-Hersteller eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 Millionen Euro aus einem Vergleich zugesprochen. Den Vergleich hatte das Unternehmen zuvor mit einem anderen Jeans-Hersteller nach einem Streit über die Verletzung von Markenrechten durch das Aufbringen von Nähten an den Gesäßtaschen in einer bestimmten Form geschlossen.

Letzte Aktualisierung: 16.07.2025

Was ist passiert?

Ein deutsches Bekleidungsunternehmen schloss mit einem großen amerikanischen Jeans-Hersteller einen Vergleich. Es verpflichtete sich darin, an den Gesäßtaschen seiner Hosen keine „schwingenförmige Doppelnaht“ anzubringen. Für solche Nähte besitzt das amerikanische Unternehmen Markenrechte. Bei jedem Verstoß gegen das Verbot sollte pro Jeans eine Vertragsstrafe von 50 € gezahlt werden. Das deutsche Unternehmen verkaufte nach Abschluss des Vergleichs 600.000 Hosen mit einer solchen Naht.

Ein belgisches Gericht, das nach der Vereinbarung für die Entscheidung zuständig war, verurteilte die deutsche Firma zur Zahlung von 30 Millionen Euro. Um das belgische Urteil in Deutschland durchsetzen zu können, wandte sich das amerikanische Unternehmen an das Landgericht Kiel. Das Landgericht erteilte eine Vollstreckungsklausel für das Urteil.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts legte das deutsche Unternehmen Beschwerde ein. Es war der Ansicht, das belgische Urteil verstoße gegen die öffentliche Ordnung („ordre public“). Das amerikanische Unternehmen habe ähnliche Vereinbarungen mit weiteren Herstellern von Jeans geschlossen und beschränke daher den Wettbewerb in unzulässiger Weise.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen den sog. „ordre public“ liege nicht vor. Ein ausländisches Urteil verletze die öffentliche Ordnung nur, wenn es zu Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung so in Widerspruch stehe, dass es untragbar erscheine. Das sei hier nicht der Fall. Das deutsche Unternehmen habe in Belgien ein faires Verfahren gehabt. Das belgische Urteil sei rechtskräftig. Es habe dort Gelegenheit bestanden, den Vergleich rechtlich anzugreifen. Auch die Vertragsstrafe von 50 € pro Jeans sei bei Berücksichtigung aller Umstände nicht so hoch, dass sie untragbar erscheine. Insbesondere hätten zum Beispiel Restbestände noch in einem Übergangszeitraum verkauft werden können, ohne dass eine Vertragsstrafe fällig geworden wäre.

Hintergrund: Was ist der „ordre public“?

Der Begriff „ordre public“ (französisch für öffentliche Ordnung) steht im internationalen Privat- und öffentlichen Recht für das Grundlegende der inländischen Wertvorstellungen. Ausländische Entscheidungen werden im Inland ausnahmsweise nicht anerkannt bzw. nicht für vollstreckbar erklärt, wenn sie gegen solche Grundsätze verstoßen. Beispiele für einen Verstoß gegen den „ordre public“ sind die Verurteilung durch ein ausländisches Gericht zu einer im Inland strafbaren Handlung, der Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör oder ähnliche grundlegende Prinzipien des inländischen Rechts.

Der Beschluss vom 30.06.2025 (Az. 16 W 68/24) kann noch mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden.

Er ist [hier]kostenfrei abrufbar über die Landesrechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein.

Ansprechpartner: Online-Redaktion@justiz.landsh.de

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