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Landgericht Flensburg : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Schuldunfähig! Freikarte im Strafrecht? Teil II

In Teil I ging es darum, dass schuldunfähige Personen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht, am Ende einer strafrechtlichen Hauptverhandlung zeitlich unbefristet in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden können. Doch was passiert eigentlich bis zu diesem Zeitpunkt?

Letzte Aktualisierung: 22.07.2025

Ein Bild einer Statue der Justitia.
Symbolbild

Untersuchungshaft kommt bei voraussichtlich schuldunfähigen Personen nicht in Betracht. Ist von der Schuldunfähigkeit der Person auszugehen, fehlt es am dringenden Tatverdacht. Dringender Tatverdacht setzt nämlich die große Wahrscheinlichkeit voraus, dass die Person eine Straftat schuldhaft begangen hat.

Hier bietet die Strafprozessordnung (StPO) jedoch eine andere Möglichkeit zum Schutz der Öffentlichkeit: Die einstweilige Unterbringung, also die Unterbringung bereits vor oder während der Hauptverhandlung. Voraussetzung ist, dass „dringende Gründe“ dafürsprechen, dass eine Person bei Begehung einer Straftat schuldunfähig oder jedenfalls vermindert schuldfähig handelte und dass diese Person daher in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt untergebracht werden wird. Sind die Voraussetzungen gegeben, ordnet das Gericht die einstweilige Unterbringung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. Wie im Hauptsacheverfahren wird das Gericht in der Regel einen erfahrenen Sachverständigen heranziehen müssen. Dabei muss es schnell gehen: Die Allgemeinheit ist unter Umständen akut gefährdet.

Und was ist, wenn die Person bereits in einer Klinik untergebracht ist, etwa auf freiwilliger Basis oder auf einer anderen Gesetzesgrundlage wegen einer möglichen Eigengefährdung? In diesem Fall kann die Erforderlichkeit der einstweiligen Unterbringung nach der StPO entfallen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Fortbestand der aktuellen Maßnahme verlässlich ist und diese gleich geeignet ist, der Gefährlichkeit der Person entgegenzuwirken. Hier muss das Gericht genau hinschauen: So sind auch die Mitpatienten und -patientinnen sowie das Klinikpersonal Teil der zu schützenden Allgemeinheit. Außerdem ist etwa eine geschlossene Unterbringung nach dem Betreuungsrecht lediglich im Falle der Selbstgefährdung zulässig, während die (einstweilige) Unterbringung nach dem Strafrecht auf die von einer Person ausgehende Fremdgefährdung abstellt. In einem aktuellen Fall, in dem eine unter Betreuung stehende Person auch gegenüber Mitpatienten- und patientinnen sowie Klinkpersonal aggressiv war, sah das OLG Schleswig daher die einstweilige Unterbringung nach der StPO in einer dafür spezialisierten Einrichtung als vorrangig an.

Die Entscheidung des OLG Schleswig vom 11.03.2025, Az. 1 WS 27/25, ist hier kostenfrei abrufbar.

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