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Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung : Thema: Ministerien & Behörden

Aminata Touré

Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung

Landtag verabschiedet neues Maßregelvollzugsgesetz und PsychHG / Sozialminister Garg: Rechte der Betroffenen werden gestärkt

Letzte Aktualisierung: 10.12.2020

KIEL. Der Landtag hat heute (09.12.) Änderungen am Maßregelvollzugsgesetz und das neue Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen (PsychHG) beschlossen. Die Landesregierung hatte dazu Gesetzentwürfe vorgelegt. Das PsychHG ersetzt damit das vorher geltende Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen (PsychKG). Die Gesetzesnovellierungen waren insbesondere deshalb notwendig, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Fixierung gerecht zu werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierzu im Jahr 2018 ein wegweisendes Urteil gesprochen.

Sozialminister Heiner Garg betont: „Mit diesen gesetzlichen Änderungen werden sowohl die Anforderungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung als auch die Belange der Praxis in Einklang gebracht. Mit beiden gesetzlichen Anpassungen stärken wir die Rechte von Menschen im Maßregelvollzug und solchen, die in psychiatrischen Kliniken untergebracht sind. Im neuen Maßregelvollzugsgesetz stellen wir die Weichen für eine bessere Vorbereitung auf ein straffreies Leben und tragen damit auch zur Sicherheit für die Menschen außerhalb des Maßregelvollzugs bei.“

Beide Gesetze sind bei den Vorgaben, unter denen eine Fixierung zulässig ist, im Sinne einer einheitlichen Gesetzgebung identisch. Die Fixierung stellt die intensivste Form der Freiheitentziehung der untergebrachten Menschen in Einrichtungen des Maßregelvollzugs und in solchen für Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen dar. Eine Fixierung ist jetzt nur noch unter sehr strengen Bedingungen möglich. So ist ein Richtervorbehalt, also eine richterliche Entscheidung zur Fixierung, sowie eine kontinuierliche 1:1-Betreuung durch hinreichend geschultes Einrichtungspersonal erforderlich. Die Überwachung durch technische Hilfsmittel, also beispielsweise Videokameras, bleibt im Rahmen der 1:1-Betreuung weitgehend ausgeschlossen. Lediglich in Ausnahmefällen, also etwa dem Wunsch des Betroffenen folgend oder bei medizinischer und therapeutischer Notwendigkeit, können technische Hilfsmittel angewendet werden.

Die Krankenhäuser wie auch die Maßregelvollzugseinrichtungen werden verpflichtet, Konzepte für Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen zu entwickeln und diese der Fachaufsicht vorzulegen. Zugleich wird das Land Mittel aufwenden, um auf geschlossenen Stationen Kriseninterventionsräume zu errichten. Ziel ist, dass Fixierungen seltener zum Einsatz kommen und Zwangsmaßnahmen insgesamt vermieden werden.

Zu beiden Gesetzentwürfen hat ein sehr umfangreiches schriftliches und mündliches Anhörungsverfahren stattgefunden: Akteurinnen und Akteure aus der Medizin, der Justiz und von Verbänden psychisch erkrankter Menschen und deren Angehöriger wurden dabei einbezogen. Beide Gesetze enthalten daher neue Regelungen, die unter anderem aus langjährigen praktischen Erfahrungen heraus entstanden sind.

Die gesetzlichen Änderungen im Überblick

Maßregelvollzugsgesetz:

  • Mit dem überarbeiteten Gesetz wird ein größerer Fokus auf Nachsorge und Wiedereingliederung der untergebrachten Menschen gelegt. Es sind in verantwortbaren Fällen Vollzugslockerungen vorgesehen, damit die Menschen auf ein selbstständiges und straffreies Leben außerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung vorbereitet werden. Die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der untergebrachten Menschen werden dadurch gestärkt.
  • Das Besuchsrecht wird von einer auf vier Stunden pro Monat ausgeweitet. Hintergrund ist, dass ein gut vorbereitetes direktes soziales Umfeld zu einer gelingenden Entlassung beitragen soll.
  • Zum Schutz schwächerer Patientinnen und Patienten wird das Geschäftsverbot zwischen untergebrachten Menschen untereinander sowie zwischen Untergebrachten und Beschäftigten gesetzlich normiert, wie es die Besuchskommission auch in ihrem letzten Jahresbericht empfohlen hatte.
  • Darüber hinaus sind die Sicherheitsanforderungen der untergebrachten Menschen zum Schutz der Allgemeinheit erweitert worden. Bei Durchsuchungen können zukünftig Detektoren eingesetzt werden. Auch kann die Einrichtungsleitung anordnen, dass neu aufgenommene oder zurückgekehrte Patientinnen und Patienten durchsucht werden. Damit soll das Einschleusen gefährlicher Gegenstände oder von Drogen besser verhindert werden können.
  • Damit Organisationen wie die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ihre Aufgaben besser wahrnehmen können, wird ein gesetzliches Einsichtsrecht in die Patientenakten eingeführt.

PsychHG:

  • Im Gegensatz zum Maßregelvollzug handelt es sich bei der Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen nicht um eine Landesaufgabe. Dafür sind die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Daher wurden diese in besonderem Maße in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden.
  • Das neue PsychHG stärkt die Rechte der Patientinnen und Patienten und zielt auf eine moderne und offene psychiatrische Versorgung. Dies soll auch durch die neue Bezeichnung PsychHG deutlich werden, indem der Hilfeaspekt in den Vordergrund gerückt wird. Zudem werden einige Unklarheiten des bisher geltenden PsychKG beseitigt, das seit 2009 in seinem Kernbereich nahezu unverändert ist.
  • Der Sozialpsychiatrische Dienst der Gesundheitsämter wird mit seinem konkreten Aufgabenbereich in einer gesonderten Vorschrift aufgenommen. Damit soll er seiner zentralen Rolle im Bereich der psychiatrischen Versorgung besser gerecht werden. Die Arbeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes kann mit dem neuen Gesetz durch Menschen, die selbst einmal in derselben oder einen ähnlichen Lebenssituation waren, sogenannten „Peers“, unterstützt werden.
  • Der Begriff der psychischen Erkrankung wird durch den heute gängigen Terminus psychische Störung ersetzt. Auch der Unterbringungsbegriff wird klarer definiert. Damit wird klargestellt, dass bei somatischen Erkrankungen die Unterbringung in einem dafür geeigneten Krankenhaus erfolgt.
  • Zur Stärkung des Rechtsschutzes der Betroffenen und als Instrument der Qualitätskontrolle wird eine Dokumentations- und Berichtspflicht aufgenommen. Das Land wird die Etablierung und Pflege eines landesweit einheitlichen Dokumentations- und Berichtswesens der Psychiatrien finanzieren und die Kreise und kreisfreien Städte bei ihrer Aufgabenwahrnehmung unterstützen. Damit werden Mehrbelastungen für die Kommunen verhindert.
  • Die Ziele der Hilfen und Hilfeformen werden konkretisiert, indem unter anderem die Kontaktaufnahme zu den Betroffenen flexibler gestaltet und das soziale Umfeld im Rahmen der Hilfemaßnahmen verstärkt einbezogen wird. Zudem ist ein gesetzliches Betretungsrecht für die Sozialpsychiatrischen Dienste bei Gefahr im Verzug in einer Wohnung in das neue Gesetz aufgenommen worden.
  • Die Rechte der Patientinnen und Patienten, die wegen Eigen- oder Fremdgefährdung geschlossen untergebracht werden müssen, werden gestärkt. Sie erhalten mehr Möglichkeiten zum Aufenthalt im Freien und an sinnvoller Freizeitbeschäftigung. Ihre Besuchsmöglichkeiten werden erweitert.

Verantwortlich für diesen Pressetext: Max Keldenich | Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein | Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel | Telefon 0431 988-5317 | E-Mail: pressestelle@sozmi.landsh.de | Medien-Informationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter www.schleswig-holstein.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.schleswig-holstein.de/sozialministerium, www.facebook.com/Sozialministerium.SH oder www.twitter.com/sozmiSH

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