NORDSTRAND. Zwei Schuten liefern Sand aus dem Wattenmeer an, Radlader und Schaufelbagger sind unterwegs, ein Rüttler vibriert 14 Meter lange Stahlrohre in den Boden und zwischen großen Baufahrzeugen flechten ein Dutzend Männer emsig Geowaben. Auf Nordstrands Deichbaustelle Alter Koog herrscht reger Betrieb. Bis zum Herbst 2016 entsteht hier Schleswig-Holsteins modernster und technisch anspruchsvollster Deich.
"Vor zwei Jahren haben wir hier, ebenso wie in Büsum, mit dem Bau der ersten Klimadeiche begonnen. Nordstrands neuer Deich wird 90 Zentimeter höher als jetzt, die Außenböschung flacher und die Deichkrone von 2,5 auf 5 Meter verbreitert. Sein neuartiges Profil macht ihn zum Klimadeich, denn der Anstieg des Meeresspiegels ist bereits einkalkuliert. Der Deich könnte – falls dies in einigen Jahrzehnten erforderlich wird – relativ einfach durch Aufsetzen einer Kappe um einen Meter erhöht werden. Das kostet jetzt etwa 20 Prozent mehr, spätere Generationen können dann bis zu 80 Prozent der Baukosten einsparen
", erklärt Johannes Oelerich, Direktor des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). Mit diesem Konzept sei Schleswig-Holstein Vorreiter in Europa.
Die 2,5 Kilometer lange Deichverstärkung zwischen Norderhafen und Strucklahnungshörn ist technisch anspruchsvoll, weil der Baugrund so weich ist, dass er einen stärkeren, schwereren Deich so nicht tragen könnte. "Wir müssen den neuen Deich gut gründen, damit er nicht in den Untergrund einsinkt. Dazu werden am Deichgrund Geowaben gebaut, Flechtzäune aus Kunststoff, die mit Schotter verfüllt werden. Auf 250 Metern mit besonders weichem Untergrund gründen wir den Deich sogar auf 2000 Geotextil-ummantelte Sandsäulen, eine Verfahren, das in Schleswig-Holstein erstmals im Küstenschutz eingesetzt wird
", so Dirk Probst, Projektingenieur des LKN.
Um die Sandsäulen zu setzen, wird der Boden mit den Stahlrohren verdrängt. Dann werden 14 Meter lange, schlauchförmige Gewebesäcke von 80 Zentimeter Durchmesser in die leeren Rohre eingebracht, mit Sand befüllt und dieser beim anschließenden Ausvibrieren des Rohres verdichtet. Beide Gründungen werden dann überbaut und den Deichkörper tragen, ohne dass man es ihm ansehen wird.
Die Deichverstärkung wird rund 27 Millionen Euro kosten und mit Bundes- und Landesmitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes finanziert. Zudem werden 16 Millionen Euro über das Zukunftsprogramm Ländlicher Raum aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes zur Verfügung gestellt.
Trotz Bauverkehrs, 24-Stunden-Betriebs und zeitweisen Sandflugs wird der Deichbau von vielen Nordstrandern aktiv unterstützt und als touristische Attraktion beworben, beispielsweise durch die Website www.heute-schon-deich-geguckt.de und durch Führungen. Die lohnen sich derzeit besonders, weil der aufwändige Deichbau, was nur selten der Fall ist, zurzeit in allen Bauphasen sichtbar ist.
Der Tourismus wird vom neuen Deich profitieren: Die Deichpromenade wird breiter, barrierefrei gestaltet und erhält eine Eventfläche und zehn Aufenthaltsbereiche, die mit unterschiedlichen Sitzgelegenheiten und Infotafeln zum Küstenraum und zum Wattenmeer ausgestattet werden.
Der neue Deich Alter Koog wird bei Fertigstellung im Oktober 2016 eine Höhe von 8,70 Meter über dem mittleren Meeresspiegel (Normalhöhennull) haben, was 7,30 Metern über dem mittleren Hochwasserstand entspricht. Er schützt 612 Hektar Niederungsgebiet mit rund 370 Einwohnern. 1965 war er zuletzt verstärkt worden.
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