Die in der Regel verwendeten Streustoffe sind Auftausalz und abstumpfende Stoffe. Abstumpfende Streustoffe erhöhen die Griffigkeit winterglatter Fahrbahnen auf mechanischem Weg, tauende Streustoffe auf physikalisch-chemischen Weg. Der LBV.SH verwendet ausschließlich auftauende Streustoffe.
2.1 Tauende Streustoffe
Das Tauen des Eises auf der Straße durch das vom Streudienst ausgebrachte Salz ist ein chemischer Prozess. Diesen Prozess nennt man Hydratation. Durch das Hydratisieren bildet sich eine Salzlösung auf der Straße. Die Absenkung des Gefrierpunktes der Salzlösung gegenüber Wasser ist abhängig von der Konzentration. Je näher die Temperatur am Nullpunkt ist, umso mehr Eis kann das zugegebene Salz auftauen. Dieser Vorgang des „Zernagens“ des Eises auf der Fahrbahn, wird durch den rollenden Verkehr unterstützt.
Als tauende Stoffe eignen sich vor allem folgende Chloride:
- Natriumchlorid (NaCl)
- Calciumchlorid (CaCl2)
- Magnesiumchlorid (MgCl2)
In Schleswig-Holstein wird vorwiegend mit auftauenden Stoffen, im Wesentlichen mit Natriumchlorid (Kochsalz), gestreut. Natriumchlorid ist als natürlicher Stoff kurzfristig, kostengünstig und in größeren Mengen lieferbar.
Gezielter Salzeinsatz: Der Winterdienst mit Auftausalz ist in den letzten Jahren, auch im Sinne des Umweltschutzes, wesentlich verbessert worden, vor allem wegen der Feuchtsalztechnologie, der Einführung der EDV-gesteuerten, geschwindigkeitsabhängiger Streutechniken, der verbesserten Straßenwetter-Beobachtungen und -Prognose sowie der Optimierung der Einsatzplanung. Wurden in den sechziger Jahren noch mehr als 40 g/m² Auftausalz eingesetzt, so sind es heute je nach Witterung nur noch 10 bis 20 g/m².
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Feuchtsalztechnologie: Um geringere Wehverluste und damit eine Verminderung der auszubringenden Streusalzmenge zu erreichen, wird auf allen vom LBV.SH betreuten Straßen die Feuchtsalzstreuung angewendet. Hierbei wird unmittelbar vor dem Ausbringen auf die Fahrbahn das Trockensalz (NaCl) mit Salzsole (NaCl oder MgCl2) angefeuchtet. Dadurch werden eine gleichmäßigere Verteilung, sowie eine längere Liegedauer des Streugutes auf der Fahrbahn erreicht. Außerdem ergeben sich größere Reichweiten mit einer LKW-Salz-Ladung.
In 9 Meistereien des LBV.SH wird bei der Feuchtsalzstreuung selbsthergestellte NaCl-Sole eingesetzt. Im Gegensatz zu der angelieferten MgCl2-Sole, die in der Meisterei nur noch durch Zugabe von Wasser auf die gewünschte Konzentration gemischt werden muss, wird die NaCl-Sole in einer eigenen Anlage hergestellt. Hierzu wird Streusalz aus dem vorhandenen Salzlager mit Wasser gemischt.
Präventive Glättebekämpfung mit NaCl-Sole: Zur vorbeugenden Glättebekämpfung bringt der LBV.SH selbst hergestellte Natrium-Chlorid-Sole mittels Sprühfahrzeugen aus. Die Herstellung dieser NaCl-Sole bietet den Vorteil, die Glättebekämpfung bei bestimmten klimatischen Bedingungen (Temperatur bis ca. -6 °C und keine Niederschläge) effektiver durchführen zu können; denn durch das Aussprühen reiner Lauge entsteht im Vergleich zur Feuchtsalzstreuung ein besseres Streubild und eine längere Liegedauer. Im Gegensatz zur Feuchtsalzstreuung FS 30 (FS 30= 70% Salz und 30% Sole), kann reine NaCl-Sole (FS 100: 100% Sole) besonders in der Präventivstreuung eingesetzt werden. Aber auch bei Fahrbahnzuständen die eine geringere Taustoffmenge bedürfen (Reif- oder Eisglätte), kann die Flüssigstreuung vorteilhafter eingesetzt werden.
Im Zeitraum 2010 bis 2012 wurde das Ausbringen reiner Salzsole im Bereich Elmshorn getestet. Die positiven Erfahrungen, wie etwa die Reduzierung der glättebedingten Verkehrsbehinderungen (vorbeugende Bekämpfung der Glättebildung) und der Verkehrsbehinderungen durch langsam fahrende Streufahrzeuge (Fahrgeschwindigkeit des Solesprühfahrzeugs 80 km/h, Feuchtsalzstreufahrzeuge 45 km/h), sowie die Reduzierung des Salzverbrauches, waren für den LBV.SH Entscheidungsgrundlage, die Flüssigstreuung auf weitere Bereiche des Straßennetzes in Schleswig-Holstein auszuweiten.
Die Flüssigstreuung (FS 100) ersetzt jedoch aufgrund ihrer Einsatzgrenzen (Temperatur bis -6 °C, keine größeren Niederschläge), nicht die Feuchtsalzstreuung (FS 30).
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2.2 Abstumpfende Streustoffe
Unter abstumpfende Stoffe werden folgende Stoffe zusammengefasst:
Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: „Warum wird nicht mit Sand oder ähnlichem anstatt mit Salz gestreut?“
Unter ökologischen Gesichtspunkten stellt sich beim Einsatz von abstumpfenden Streustoffen eine Ernüchterung ein. Abstumpfende Streustoffe haben eine schlechtere Ökobilanz als Streusalz. Zum Erzielen einer abstumpfenden Wirkung ist eine Streumenge von 150 g/m² (beim Auftausalz nur 15 g/m²) erforderlich. Bei Eis- und Reifglätte sind abstumpfende Stoffe nahezu wirkungslos. Um das Zusammenfrieren in der Halde zu verhindern und die Rieselfähigkeit zu erhalten, müssten 5-10 % Salz zugemischt werden. Die im Ergebnis ausgebrachte Salzmenge würde sich nur unerheblich verringern. Unter Verkehrseinwirkung wird Sand oder ähnliches schnell an den Fahrbahnrand gewirbelt und damit für den Verkehr wirkungslos. Der am Straßenrand oder in der Kanalisation abgelagerte Streustoff muss zudem regelmäßig entfernt und gereinigt werden.
2.3 Taumittelsprühanlagen
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Um die Bildung von Eisglätte und das Anbacken von Schnee zu verhindern, besteht die Möglichkeit bei besonders gefährdeten Stellen, wie zum Beispiel Brücken in einer bestimmten topographischen und mikroklimatischen Situation, sogenannte Taumittelsprühanlagen (TMS) zu installieren. Gesteuert über Glättemeldeanlagen sprühen die TMS automatisch in sehr geringer Dosis Taustoff durch ein installiertes System von Sprühdosen auf die Fahrbahn. In Schleswig-Holstein befindet sich eine Taumittelsprühanlage auf der Bundesstraße 76. Sie ist auf der Haselholmer Talbrücke im Zuge der Umgehung Schleswig installiert. Diese Anlage verhindert bei normalen winterlichen Witterungsverhältnissen die Glättebildung. Erst bei stärkerem Schneefall oder tiefen Temperaturen muss diese Brücke zusätzlich durch Streufahrzeuge abgestreut werden.
2.4 Nutzung geothermischer Energie
Eine weitere Maßnahme zur Verhinderung von Glättebildung an besonders gefährdeten Stellen ist die Nutzung geothermischer Energie. Im Rahmen eines in Deutschland erstmaligen Projektes wurde in Schleswig-Holstein die Fahrbahn auf der Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal in Berkenthin (Bundesstraße 208) mit oberflächennaher geothermischer Energie temperiert. Die Brücke ist 2011 in Betrieb genommen worden.
Die Wärme des Grundwassers wird über einen Wärmetauscher an ein Fluid (Wasser/Frostschutzmittelgemisch) abgegeben, das mit einer Wärmepumpe bis auf eine Temperatur von max. 55 °C verdichtet wird. Dieses Fluid zirkuliert durch ein in der Fahrbahn eingebauten Rohrsystem und wärmt somit die Fahrbahn. Im Sommer kann der Brückenbelag gekühlt werden, was der Spurrinnenbildung entgegenwirkt. Die Geothermieanlage arbeitet nur solange die klimatischen Verhältnisse es erfordern.
Die durch das Projekt gewonnenen Erfahrungen sollen Aufschluss über die Anwendung des Systems bei weiteren Maßnahmen geben.