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Ministerium für Justiz und Gesundheit : Thema: Ministerien & Behörden

Prof. Dr. Kerstin von der Decken

Ministerin für Justiz und Gesundheit

Landtag: Mündlicher Bericht über die Funktionsfähigkeit der Justiz in Schleswig-Holstein während der Corona-Epidemie

Rede anlässlich der Landtagssitzung am 10. Dezember 2020 zu TOP 19

Letzte Aktualisierung: 10.12.2020

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine Damen und Herren Abgeordnete,

ich freue mich sehr über die Möglichkeit über die Funktionsfähigkeit der Justiz und des Justizvollzugs in der Corona-Pandemie berichten zu können.
Zwei Bereiche, die vielleicht nicht immer im Scheinwerferlicht stehen, die aber existenziell für unseren Rechtsstaat sind und die wir dank unserer hervorragenden Bediensteten in den Einrichtungen trotz Einschränkungen durch die Pandemie sehr gut am Laufen halten.

Hierfür an dieser Stelle schon einmal einen großen und herzlichen Dank!

Ich komme zunächst zur Justiz: Hier stellten sich im Zuge des ersten Herunterfahrens des öffentlichen Lebens natürlich schwierigste Fragen, wie etwa: Wie weit kann man einschränken, ohne dass der Rechtsstaat Schaden nimmt? Unser oberstes Ziel war bei allen Einschränkungen daher immer: Der Rechtsgewährungsanspruch unserer Bürgerinnen und Bürger muss grundsätzlich gewahrt bleiben.

Im Gleichschritt zu den ersten Maßnahmen durch das Gesundheitsministerium haben wir am 15. März Sonderregelungen für unsere Justiz erlassen. Im ersten Schritt hieß das, den Zugang zu Gerichten und Staatsanwaltschaften auf ein absolut notwendiges Minimum zu beschränken. Dem Ministerium waren zwei Maximen in dieser Corona-Phase wichtig:

  • Erstens: Eilverfahren müssen abgearbeitet werden – auch in Krisenzeiten bleibt die Justiz handlungsfähig.
  • Und zweitens: Die Ausgestaltung unserer Sonderregelungen für die Justiz trifft jede Behördenleitung für sich.

Ab Mai steigerten wir den Präsenzbetrieb unter Einhaltung von Hygienevorschriften und ‑konzepten von einem regelhaften Ausnahmebetrieb zu einem eingeschränkten Regelbetrieb.

Hier bewährte sich nun die dezentrale Ausgestaltung unserer Sonderregelungen. Vor Ort wurde entschieden, in welchen Verfahren größere Säle anzumieten oder aber Abstände und Plexiglaswände ausreichenden Schutz bieten konnten. In diesem eingeschränkten Regelbetrieb fahren wir im Grunde bis heute.

Wie gut die Justiz trotz dieser Einschränkungen funktioniert hat, möchte ich an drei Punkten deutlich machen:

  • Die Digitalisierung,
  • die Entwicklung der Verfahrensbestände sowie
  • die Rolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Pandemiezeiten.

Dass wir bisher so gut durch die Krise gekommen sind, liegt zu einem großen Teil an dem hohen Grad der Digitalisierung in der schleswig-holsteinischen Justiz. Alle Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie alle Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger – und das sind insgesamt etwa 3.000 Personen in unserem Land – waren fast nahtlos in der Lage, aus dem home office heraus zu arbeiten.
Doch – und das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen: All das wäre nicht möglich gewesen, ohne den Einsatz, die Flexibilität und die Erreichbarkeit der Servicekräfte, die sich bereits vor Beginn der Pandemie an der Belastungsgrenze befanden.

Weitere Beispiele sind die Aufrüstung mit Videokonferenztechnik oder aber die Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und -referendare, die mittels überwiegend digitaler Formate sichergestellt werden konnte. Die Corona-Krise hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Eingangs- und Erledigungszahlen bei den Gerichten.

In mehreren Bereichen ist ein Rückgang der Eingangszahlen zu beobachten: In Zivil-, Familien- und Strafsachen am Amtsgericht. In Strafsachen gab es auch Rückgänge bei den Erledigungen, was allerdings nicht verwunderlich ist, da weniger mündliche Verhandlungen durchgeführt werden konnten.

Zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht absehbar sind die Nachholeffekte in den nächsten Monaten, etwa wenn die Aussetzung bei der Insolvenzantragspflicht auslaufen wird. Ein ambivalentes Bild zeichnet sich auch bei den Fachgerichtsbarkeiten ab. Hier gab es zum Beispiel kurzfristig einen deutlichen Rückgang der Eingangszahlen in Asylsachen, während bei den Arbeitsgerichten die Zahlen angestiegen sind. Von einem „Coronastau“ der Verfahren bei den Gerichten kann jedoch keine Rede sein.

Die Handlungsfähigkeit der Justiz zeigt sich insbesondere auch durch die Tätigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dort wurden seit Beginn der Pandemie zum Beispiel allein beim VG 144 Eilverfahren mit „Corona-Bezug“ und beim OVG 73 erstinstanzliche Normenkontroll-Eilverfahren entschieden.  Die hierbei teils korrigierenden Entscheidungen zu einzelnen einschränkenden Corona-Maßnahmen der Politik zeigen deutlich, dass unser Rechtsstaat auch in Krisenzeiten uneingeschränkt und gut funktioniert.

Großen Herausforderungen stand auch der besonders sensible Bereich des Justizvollzuges gegenüber. Es wurde ein umfangreiches organisatorisches Maßnahmenkonzept für die Gefangenen und die Bediensteten entwickelt. In den JVAen Lübeck und Neumünster sowie in der JA Schleswig wurden Quarantänebereiche eingerichtet, der Vollstreckungsplan wurde geändert.

Eine zentrale Krankenabteilung befindet sich nun in der JVA Neumünster. Zur besseren medizinischen Versorgung der Gefangenen wurde zudem innerhalb von Rekordzeit die Telemedizin eingeführt. Auch der Personaleinsatz musste angepasst werden. Ende März wurde zunächst für 3 Monate von einem 3-Schicht- auf einen 2-Schicht-Betrieb umgestellt und die Bediensteten festen Teams zugeordnet. Bemerkenswert und erfreulich war die Entwicklung des Krankenstandes, der in den Monaten April bis Juni deutlich zurückgegangen ist.

Aufgrund des nunmehr wieder steigenden Infektionsgeschehens arbeiten die Bediensteten seit November wieder in festen Kohorten. Zudem gilt in Itzehoe und Flensburg wieder ein 2-Schicht-Betrieb, in den übrigen Anstalten ein 3-Schicht-Betrieb.

Auch der Haftalltag ist nach wie vor von der Pandemie gezeichnet. Insgesamt kam es für Inhaftierte zu vorübergehenden Einschränkungen ihrer persönlichen Kontaktmöglichkeiten. Besuche erlauben wir seit Mitte Juni 2020 in begrenztem Umfang und unter strengen Auflagen wieder.
Auch Qualifizierung und Arbeit im Vollzug kamen weitgehend zum Stillstand. Seit Mitte Juni wurde der Betrieb in den Anstalten wieder angefahren, wenngleich mit einer beschränkten Anzahl an Beschäftigungs- und Qualifizierungsplätzen.

Sie sehen:
Der Justizvollzug hat schnell reagiert und die ergriffenen Maßnahmen waren erfolgreich. Hierbei ist es insbesondere dem Engagement und der Flexibilität der Bediensteten zu verdanken, dass die Funktionsfähigkeit des Justizvollzugs aufrechterhalten werden konnte.

Anrede,

als Fazit ist festzuhalten, dass sich die schleswig-holsteinische Justiz und der Justizvollzug den Anforderungen durch die Beschränkungen der Pandemie erfolgreich gestellt haben und weiterhin stellen.

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