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Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein : Thema: Ministerien & Behörden

BalticRIM

BalticRIM

BalticRIM: Ein internationales Projekt zur Integrierung des Maritimen Kulturerbes in die Raumplanung der Ostsee

2017-2020 wurde das europäische Projekt „BalticRIM“ durchgeführt, das erstmals DenkmalschützerInnen und RaumplanerInnen aus fast allen Ostseeanrainerstaaten zusammenbrachte, um künftig das Maritime Kulturerbe in die Raumordnung der Ostsee einzubeziehen und dadurch nachhaltig zu schützen.

Das Potenzial

Die Ostsee mitsamt seinen Haffen, Buchten, Förden und Schären gehört zu den einzigartigsten Gewässern dieser Erde: Kein Meer im eigentlichen Sinne, sondern ursprünglich ein großer auf dem Festlandsockel liegender Eisstausee, der infolge des Abschmelzens der Gletscher der letzten Eiszeit entstanden ist. Dieser ist erst seit dem Mesolithikum mit dem Weltmeer infolge der Littorina-Transgression verbunden und wurde in dessen Folge brackig, wie die Ausbreitung der namensgebenden Großen Strandschnecke Littorina littorea aus der salzigen Nordsee belegt.

Seesperre bei  Reesholm
Die zum Danewerk gehörende Seesperre bei Reesholm aus dem frühen 8. Jh. ist eines der zahllosen Beispiele vom reichen aber verborgenen Unterwasserkulturerbe Schleswig-Holsteins.

Doch ist die Ostsee dank des hohen Süßwassereintrags der großen osteuropäischen Flusssysteme und dem geringen Wasseraustausch bei den dänischen Belten in weiten Teilen niedrig an Salzgehalt und bietet somit wenig Lebensraum für die Schiffsbohrmuschel Teredo navalis. Aufgrund der günstigen biologischen und klimatischen Voraussetzungen kann die Ostsee daher regelrecht als „kulturelles Archiv“ bezeichnet werden, in denen Spuren menschlichen Wirkens über viele Jahrhunderte – oft sogar Jahrtausende – auf natürliche Weise konserviert werden, wie das weltberühmte Schiffswrack der 1628 gesunkenen und 1961 gehobenen Vasa eindrucksvoll belegt. Auch in jüngster Zeit sind komplette Schiffwracks – wie die niederländische Brigg Vrouw Maria (1771) oder das schwedische Kriegsschiff Mars (1564) – entdeckt worden, die wie Zeitkapseln komplett mit Ladung und Inventar die Jahrhunderte überdauert haben, als wären sie erst kürzlich gesunken. Aber auch in den westlichen Ostseegebieten, in denen sich der Teredo schon verbreitet hat, besteht ein noch immer latentes Potenzial, sofern die Fundstellen von einer schützenden Sedimentschicht bedeckt werden. In der gezeitenlosen Ostsee kann diese Schicht nur infolge von schweren Stürmen, aber zunehmend auch durch menschliche Einflüsse gestört werden (wie Schleppnetzfischerei, Sand- und Kiesabbau oder durch Schiffspropeller ausgelöste Verwirbelungen). Auch wasserbauliche Maßnahmen wie Pipelines, Tunnelprojekte und Offshore-Windkraftanlagen können archäologisch wichtige Gebiete empfindlich stören.

Archäologische Spuren sind einzigartige Fenster in die Vergangenheit, aber eine „nicht nachwachsende kulturelle Ressource“, deren Zerstörung unwiderruflich wäre. Dieser Gefährdung kann nur durch eine frühzeitige Einbeziehung der archäologischen Denkmalpflege auf allen Planungsebenen entgegengewirkt werden. Der Grundstein für einen nachhaltigen Schutz archäologischer Kulturgüter in der Ostsee konnte durch das BalticRIM-Projekt nun erfolgreich gelegt werden.

Das Projekt

Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) war Träger des INTERREG-finanzierten Projekts Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management (kurz: BalticRIM), das im Oktober 2017 angelaufen und für drei Jahre angesetzt war. Dieses wurde auf Veranlassung des Kulturerbe-Komitees des Ostseerates als „Leuchtturmprojekt“ initialisiert und ist als solches von vorrangiger Bedeutung zum Erhalt des maritimen Erbes der Ostsee. In dessen Rahmen arbeiteten ArchäologInnen und DenkmalschützerInnen aus den Ostsee-Anrainerstaaten Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Polen, Russland und Schleswig-Holstein zusammen, um Gebiete in ihren Küstengewässern zu identifizieren, die ein hohes archäologisches Potenzial aufweisen und daher besonderen Schutz bedürfen. Das Projekt bot auch ein Forum, in dem sich DenkmalschützerInnen mit RaumplanerInnen austauschten. So wurde sichergestellt, dass archäologisch wichtige Gebiete erstmals mit in die Raumordnung einbezogen werden können. Dies war ein bedeutender Fortschritt, denn bislang – abgesehen vom Naturschutz – wurden nur rein wirtschaftliche Interessen berücksichtigt. Diese Nutzungen standen oft im Konflikt zu denkmalpflegerischen Belangen und hatten in der Vergangenheit zu Planungsunsicherheiten geführt. Durch das BalticRIM-Projekt wurde eine Grundlage geschaffen, die im Sinne der blue growth Initiative der Europäischen Kommission nicht zuletzt eine Planungssicherheit für die wirtschaftliche Nutzung schaffte. Die Bedeutung, die diesem Projekt beigemessen wurde, spiegelte sich unter anderem an dessen flagship-Status in der von der Europäischen Kommission initialisierte EU Strategy for the Baltic Sea Region (EUSBSR) wider und der Tatsache, dass es als Aushängeschild des 2018 - European Cultural Heritage Year (ECHY) ausgewählt wurde. Weitere Details zu der strukturellen Ausrichtung dieser internationalen Zusammenarbeit finden sich auf der Projekt-Website.

Kartierung von 300 Fundstellen in den schleswig-holsteinischen Territorialgewässern

BalticRIM: Ein internationales Projekt zur Integrierung des Maritimen Kulturerbes in die Raumplanung der Ostsee

Workshop "Sporttaucher und Unterwasserkulturerbe"

Workshop-Teilnehmer vor dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein
Workshop-Teilnehmer vor dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein

Am 24. November 2018 öffnete das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) seine Türen für Sporttaucher aus ganz Schleswig-Holstein und von außerhalb. Der im Rahmen des BalticRIM-Projektes organisierte Workshop war mit dem Ziel initiiert worden, einerseits Sporttaucher für das Thema des Unterwasserkulturerbes und dessen Gefährdung zu sensibilisieren, andererseits, um auf die reiche Kenntnis von Sporttauchern mit Bezug auf mögliche Fundplätze zurückgreifen zu können, die dem ALSH noch unbekannt sind.

Da das ALSH selbst nur Unterwasser-Prospektionen im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu geplanten wasserbaulichen Maßnahmen durchführt, wie zuletzt bei der Fehmarnbeltquerung, sind Informationen von Sporttauchern von herausragender Bedeutung. Zudem können sie auch umweltliche Veränderungen wahrnehmen, die mitunter Einflüsse auf archäologische Fundplätze haben, wie z. B. durch Stürme freierodierte Wracks. Ihre Beobachtungen sind also auch hinsichtlich des „site monitoring“ wertvoll.

Mit rund 70 Workshop-Anmeldungen stieß diese Initiative auf eine so große Resonanz, dass der Vortragssaal auf Annettenhöh, dem Sitz des ALSH, seine Kapazitätsgrenzen erreichte. Nach Begrüßung durch den BalticRIM-Projektleiter Matthias Maluck (ALSH) stellte Dr. Stefanie Klooß (ALSH) die Arbeit des Landesamtes vor, insbesondere den durch ihr Dezernat abgedeckten Zuständigkeitsbereich für die schleswig-holsteinischen Küstengewässer. Dr. Daniel Zwick (ALSH) referierte über den gesetzlichen Schutz des Unterwasserkulturerbes, das archäologische Potenzial von „Anomalien“ und die im Rahmen des BalticRIM-Projekts geplanten Maßnahmen.

Dr. Sönke Hartz (Museum für Archäologie Schloss Gottorf, Schleswig) berichtete von seiner jahrelangen guten Zusammenarbeit mit Sporttauchern zur Erforschung von submarinen prähistorischen Siedlungsplätzen und Elmar Klemm (Verband Deutscher Sporttaucher e.V.) zeigte anhand von Praxisbeispielen, wie sich auch interessierte Laien im Bereich der Unterwasserarchäologie und Ausbildung stark engagieren können. Abgerundet wurde das Programm von Gabriele Dederer (WWF - Geisternetze-Projekt), die Netzhaker-Positionen auf den Grund geht: Hierbei handelt es sich um Anomalien auf dem Meeresgrund, an denen Fischer ihre Netze verlieren. Während der WWF diese entfernen und entsorgen will, können diese Haker-Positionen auch archäologisch wichtige Fundplätze darstellen, v. a. Wrackfundstellen, weshalb ein gemeinsames Interesse an dessen Ortung und Betauchung besteht und bereits im Vorfelde zu einem Synergie-Effekt zwischen der archäologischen Denkmalpflege und dem Umweltschutz führte.

Den Abschluss des Vortragsprogrammes bildete eine große Diskussionsrunde, in dem sich v. a. der Wunsch vieler Sporttaucher niederschlug, in die Entdeckung, Erforschung und den Schutz des Unterwasserkulturerbes stärker involviert zu werden. Kritische Stimmen, welche eine Einschränkung der Betauchung an archäologischen Fundplätzen befürchteten, führten den Denkmalpflegern vor Augen, wie wichtig eine gute Außenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sei, um das Gros dieser Befürchtungen auszuräumen. Auch wenn noch nicht alle Anliegen geklärt werden konnten, war dies ein erfolgreicher erster „Aufschlag“, bei dem in geselliger Runde bei Kaffee und Kuchen Kontakte geknüpft und Fragen diskutiert werden konnten, die weitere Themen, Projekte und Kooperationen für die Zukunft beinhalten.

Wissenschaftler aus dem gesamten Ostseeraum zu Gast in Schleswig

Treffen der BalticRIM-Projektpartner in Schleswig
Treffen der BalticRIM-Projektpartner in Schleswig

Im Rahmen des ersten Treffens der BalticRIM-Projektpartner, das am 10./11. Januar 2018 vom Archäologischen Landesamt in Schleswig ausgerichtet wurde, trafen sich Denkmalpfleger und Raumplaner aus Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Litauen, Polen und Russland, um sich auf eine gemeinsame Strategie zur Umsetzung des Projekts zu verständigen. Gegenwärtig wird der Versuch unternommen, die unterschiedlichen landestypischen Vorgehensweisen in der Kategorisierung und Bewertung des Unterwasserkulturerbes auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Erste Beispiele für eine Zonierung von weiträumigen unterwasserarchäologischen Fundplätzen wurden in Vorträgen vorgestellt, wie z. B. das Svensksunder Gebiet bei der finnischen Stadt Kotka, wo 1790 die größte Seeschlacht Skandinaviens zwischen der schwedischen und russischen Marine stattgefunden hat. Von dieser Schlacht sind noch zahlreiche gut erhaltene Wracks erhalten, die aber unmittelbar im Bereich des Containerhafens und moderner Wasserstraßen liegen, sodass der Erhaltungszustand der Wracks zunehmend durch Schiffspropeller-Verwirbelungen bedroht wird.

Ähnliche Beispiele liegen aus dem gesamten Ostseeraum vor. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit der Einbeziehung des Unterwasserkulturerbes in die Maritime Raumplanung, um einen nachhaltigen Schutz sicherzustellen, aber gleichzeitig auch Chancen zur touristischen und musealen Erschließung aufzuzeigen.

Die Raumplaner kommentierten die denkmalpflegerischen Ansätze aus planerischer Sicht und lieferten Hinweise, welche Informationen zur Umsetzung benötigt werden.

Das nächste Treffen ist für Juni 2018 in Kopenhagen angesetzt.

Unterwasserkulturerbe bewahren

Dr. Ulf Ickerodt und Europaminister Claussen

Das BalticRIM-Projekt schützt maritimes Kulturerbe in der Ostsee. Europaminister Claussen hat sich über die bisherigen Erfolge informiert.

Lagebesprechung auf der "Sigyn"
Lagebesprechung auf der "Sigyn"

Das BalticRIM-Projekt zeige eindrucksvoll den hohen Nutzwert, wenn unterschiedliche Kompetenzen gebündelt und gemeinsam weiterentwickelt werden, sagte der Europaminister Claus Christian Claussen anlässlich seiner Bootsfahrt mit der Wikingerschiffsrekonstruktion „Sigyn“ auf der Schlei. "Wir legen damit einen Grundstein für den nachhaltigen Schutz archäologischer Kulturgüter und unseres gemeinsamen kulturellen Erbes in der Ostsee."

Besonderes Kulturerbe

Sie ist wohl eines der einzigartigsten Gewässer der Erde – die Ostsee. Da das Gewässer gezeitenlos ist und daher der Wasseraustausch im Gebiet der dänischen Belte zwischen der salzigen Nordsee und der brackigen Ostsee gering ist, bildet letztere keinen optimalen Lebensraum für die Schiffbohrmuschel (Teredo navalis), die unter Seeleuten als "Zerstörer" gefürchtet ist, da sie Holz zersetzt. Allerdings ist der Salzgehalt in der westlichen Ostsee noch hoch genug, um Schiffbohrmuscheln einen Lebensraum zu bieten. Daher ist Schleswig-Holsteins Unterwasserkulturerbe wie Holzwracks oder andere archäologische Fundplätze mit Artefakten und Bauwerken aus Holz akut gefährdet, sofern es nicht von einer schützenden Sedimentschicht bedeckt ist oder in einem Binnengewässer oder einer tiefen Meeresbucht wie der Schlei mit niedrigerem Salzgehalt liegt.

Schutz der Ostsee

Durch u. a. Schiffsverkehr und Tunnelbauten ist die Ostsee Veränderungen ausgesetzt. Um die Kulturgüter der Ostsee weiter zu schützen, startete 2017 das Projekt "Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management" (kurz: BalticRIM). Ziel der Forscher:innen ist es, Gebiete zu identifizieren, die archäologisches Potenzial haben und deshalb geschützt werden sollen. So wird sichergestellt, dass archäologisch wichtige Gebiete erstmals mit in die Raumordnung einbezogen werden können.

Boje als Messstation

Die Messboje (ODAS 33) ist jetzt über dem Seesperrwerk verankert.
Die Messboje (ODAS 33) ist jetzt über dem Seesperrwerk verankert.

Während der Bootstour ließ der Minister eine Spezialboje auf Höhe des unter Wasser befindlichen frühmittelalterlichen Seesperrwerks des Danewerks vor der Halbinsel Reesholm zu Wasser. Mit den an der Boje angehängten Hölzern kontrollieren die Wissenschaftler:innen, ob ein Befall durch die Schiffsbohrmuschel durch saisonal-bedingte Schwankungen im Salzgehalt stattfindet. "Mit dieser Bojen-Markierung setzen wir ein sichtbares Zeichen zum Schutz des maritimen Kulturerbes unseres Landes", betonte der Minister.

Mit an Bord waren auch der Leiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein, Dr. Ulf Ickerodt, und die Projektkoordinatoren Matthias Maluck und Dr. Daniel Zwick.

Hintergrund

Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) ist Träger des INTERREG -finanzierten Projekts. Dieses bringt erstmals Denkmalschützer:innen und Raumplaner:innen aus fast allen Ostseeanrainerstaaten zusammen, um künftig das maritime Kulturerbe in die Raumordnung der Ostsee einzubeziehen und dadurch nachhaltig zu schützen. Neben Deutschland beteiligen sich auch Polen, Finnland, Estland, Litauen, Dänemark und Russland.

Insgesamt stehen für die Projektdauer von 2017 bis 2020 gut 2,62 Millionen Euro zur Verfügung. Davon erhält Schleswig-Holstein einen Anteil von 500.000 Euro. Minister Claussen betonte, dass sich Schleswig-Holstein auch in Zukunft für ein finanziell gut ausgestattetes und strategisch optimal aufgestelltes neues INTERREG-Ostseeprogramm nach 2020 einsetzen werde

Das BalticRIM Projekt hat 2020 seinen Abschluss gefunden

Informieren Sie sich über die Ergebnisse in dem Handbuch und dem Final Report!

Die folgenden Downloads stehen nur auf Englisch zur Verfügung.

BalticRIM handbook (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei)

BalticRIM Final report (PDF, 4MB, Datei ist nicht barrierefrei)

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