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Thema : Maßregelvollzug

Recht des Maßregelvollzugs

Der Maßregelvollzug in Schleswig-Holstein hat seine rechtlichen Grundlagen sowohl im Bundesrecht als auch in landesrechtlichen Regelungen, die hier dargestellt werden.

Letzte Aktualisierung: 30.11.2022

Rechtliche Grundlagen der forensischen Psychiatrie

Das deutsche Strafrecht orientiert sich am Schuldprinzip. Demnach gelten die fundamentalen Rechtssätze "keine Strafe ohne Schuld" und "Strafe nur nach dem Maß der Schuld". Dieses Schuldprinzip geht von der Annahme aus, dass der Täter oder die Täterin über Willens- und Entscheidungsfreiheit verfügt. Das heißt, er oder sie weiß, dass er oder sie mit der Tat ein Unrecht begeht, und kann frei entscheiden, ob er oder sie die Tat begeht oder nicht. Als Reaktion auf eine Straftat wird in der Regel in schwerwiegenden Fällen eine Freiheitsstrafe verhängt, die in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) vollzogen wird.

Es gibt aber Menschen, die eine Straftat begehen und dabei diese Willensfreiheit - vor Gericht gutachterlich nachgewiesen - nicht haben, zum Beispiel, weil ihr Wille beziehungsweise ihre Entscheidungsfreiheit durch eine schwerwiegende psychische Krankheit oder wegen Abhängigkeitserkrankung oder wegen einer geistigen Behinderung teilweise oder gänzlich fehlte. Diese Menschen handeln demzufolge nicht oder nur vermindert schuldhaft im Sinne des Schuldprinzips und dürfen daher nicht bestraft und in einer JVA untergebracht werden (vgl. §§ 20, 21 Strafgesetzbuch (StGB). Dennoch wird auch diesen Menschen die Freiheit entzogen, denn die Gesellschaft hat einen Anspruch darauf, vor weiteren Straftaten geschützt zu werden. Für nicht oder vermindert schuldfähige Menschen wurde der Maßregelvollzug geschaffen. Er dient nicht - wie die Strafe - dem Ausgleich für das begangene Unrecht, sondern soll den Täter oder die Täterin durch die Behandlung seiner oder ihrer Störung und durch die sichere Unterbringung in einer spezialisierten Klinik mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen und qualifiziertem Personal davon abhalten, weitere Taten zu begehen. 

Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung

Hier finden Sie einschlägige Normen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung.

§ 20 Strafgesetzbuch (StGB)

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

§ 21 Strafgesetzbuch (StGB)

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

§ 63 Strafgesetzbuch (StGB)

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

§ 64 Strafgesetzbuch (StGB)

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

§ 126a Strafprozessordnung (StPO)

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.

(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1906 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.

Das Maßregelvollzugsgesetz Schleswig-Holsteins

Durch den Freiheitsentzug greift der Maßregelvollzug zum Schutz der Allgemeinheit in die Grundrechte der Patienten/-innen ein. Die Bundesländer haben den bundesrechtlichen Auftrag, Inhalt und Umfang dieser Eingriffe durch Landesgesetz zu regeln: Dabei geht es zum Beispiel darum, inwieweit der Empfang von Besuch oder ein persönliches Telefonat zugelassen werden und unter welchen Umständen Zwangsmaßnahmen wie zum Beispiel die Wegnahme verbotener Gegenstände, eine Überwachung oder eine Einzeleinschließung erlaubt sind.

Das Maßregelvollzugsgesetz Schleswig-Holsteins trat im Jahre 2000 in Kraft und wurde zuletzt im Dezember 2020 geändert.

Sie finden das gesetz hier: Maßregelvollzugsgesetz (MVollzG) vom 11. Dezember 2020

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