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Thema : Seen

Ökologische Zustandsbewertung der Seen in Schleswig-Holstein nach EG-Wasserrahmenrichtlinie

Stand: März 2021

Letzte Aktualisierung: 22.03.2021

1. Nach welchen Prinzipien wird der ökologische Zustand bzw. das ökologische Potenzial von Seen bewertet?

Die Bewertung des ökologischen Zustands der natürlichen Seen erfolgt gemäß der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL 2000) und der Oberflächengewässerverordnung (OGewV 2016) anhand einer fünfstufigen Skala (sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend, schlecht). Das ökologische Potenzial der künstlichen Seen wird hingegen nach einer vierstufigen Skala (gut und besser, mäßig, unbefriedigend, schlecht) bewertet. Für die Wasserrahmenrichtlinie werden nur Seen mit einer Seefläche von mehr als 0,5 km² bewertet und die Ergebnisse an die EU gemeldet. Die Zustandsbewertung richtet sich nach dem jeweiligen Seetyp und bezieht die ökologische Qualität der vier Lebensgemeinschaften Phytoplankton (Mikroalgen), Makrophyten (Unterwasservegetation), Makrozoobenthos (wirbellose Tiere) und Fische ein. Die empfindlichste Lebensgemeinschaft mit dem schlechtesten Bewertungsergebnis bestimmt die Gesamtbewertung (one-out-all-out-Prinzip). Werden jedoch die Umweltqualitätsnormen für die flussgebietsspezifischen Schadstoffe überschritten, wird der ökologische Zustand bzw. das ökologische Potenzial bestenfalls als "mäßig" bewertet.

Unterstützend werden seetypspezifische Grenzwerte, sogenannte Orientierungswerte, für Gesamt-Phosphor und Sichttiefe hinzugezogen. Für den sehr guten Zustand werden zusätzlich hydromorphologische Komponenten bewertet.

2. Wie setzt sich die Bewertung des ökologischen Zustandes der schleswig-holsteinischen Seen zusammen?

Die Bewertung der Seen stützt sich hauptsächlich auf die beiden trophie-indikativen Lebensgemeinschaften Phytoplankton und Makrophyten. Für diese existieren EU-weit abgestimmte Bewertungsverfahren (Phytoplankton: PhytoSee, Makrophyten: Phylib), so dass fast alle natürlichen Seen anhand dieser beiden Qualitätskomponenten zuverlässig bewertet werden können. Ausnahmen gibt es lediglich beim Phytoplankton von 3 Strandseen, die wegen ihres Salzgehaltes nicht bewertbar sind (siehe Tabelle 1).

Hydromorphologische Veränderungen der Seeufer, die sich hauptsächlich auf die Wirbellose Fauna (Insektenlarven, Muscheln, Schnecken, u.ä.) auswirken, spielen bei den Seen Schleswig-Holsteins eine geringere Rolle. Das Makrozoobenthos wird daher überwiegend bei den größeren Seen zur Bewertung herangezogen.

Für die Fische gibt es im norddeutschen Tiefland zwei Verfahren, das SIDE- und das TYPE-Verfahren. Das interkalibrierte TYPE-Verfahren wurde u. a. aufgrund der vorgegebenen aufwändigen Methode der Stellnetzfischerei bisher nur an wenigen Seen eingesetzt. Das SIDE-Verfahren, mit dem die Bewertung anhand vorhandener Fischerei-Daten durchgeführt wird, wurde in Schleswig-Holstein an ca. 40 % der Seen genutzt. Das Fehlen der Bewertungsergebnisse bei den übrigen 60 % der Seen wird als nicht problematisch angesehen. Da der ökologische Zustand der Fischfauna in natürlichen Seen durch den Trophiegrad beeinflusst wird, ist aufgrund der zu hohen Nährstoffbelastung der schleswig-holsteinischen Seen zu erwarten, dass das Bewertungsergebnis für den Wasserkörper anhand der Fische in der Regel nicht schlechter ausfällt als anhand des Phytoplanktons.

Zur Bewertung der morphologischen Komponente, der Struktur der Uferzone, liegt ein bundesweit einheitliches Verfahren zur Klassifizierung der Seeufer vor, das an allen Seen zur Einstufung herangezogen wurde. Für die hydrologische Komponente erfolgt die Bewertung auf Basis der Verfahrensempfehlung der LAWA zur Klassifizierung des Wasserhaushalts von Einzugsgebieten und Wasserkörpern, welches auch für die Seen angewendet wurde. Bezüglich der allgemeinen physikalisch-chemischen Bedingungen werden die Orientierungswerte für Gesamt-Phosphor und Sichttiefe gemäß OGewV (2016) zur Bewertung herangezogen.

Die Gruppe der flussgebietsspezifischen Schadstoffe fließt ebenfalls in den ökologischen Zustand ein. Hierbei handelt es sich z.B. um Arsen oder PCB (Polychlorierte Biphenyle).

Nähere Informationen zur Bewertung des ökologischen Zustandes und der Bewertungsverfahren sind unter www.gewaesser-bewertung.de zu finden.

3. Wie wird der ökologische Zustand der natürlichen schleswig-holsteinischen Seen aktuell eingeschätzt?

Für die Erstellung des 3. Bewirtschaftungsplanes wurden im Dezember 2019 die 62 natürlichen schleswig-holsteinischen Seen mit einer Seefläche größer 0,5 km² bewertet.

Die ökologische Zustandsbewertung ergibt unter Einbeziehung aller bis einschließlich 2019 vorliegenden Daten folgendes Ergebnis:

Tabelle 1: Bewertung des ökologischen Zustandes der größeren natürlichen und künstlichen Seen Schleswig-Holsteins gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie (PDF, 515KB, Datei ist barrierefrei)

Wie in Abbildung 1 dargestellt, wird nur ein See (Selenter See) mit "gut" bewertet. Knapp ein Drittel (31 %) der natürlichen Seen befindet sich in einem mäßigen Zustand. Aufgrund von Eutrophierungserscheinungen wurde bei 44 % der Seen ein unbefriedigender Zustand und bei einem Viertel (24 %) nur ein schlechter Zustand festgestellt.

Ausschlaggebend für die Gesamtbewertung ist die Gewässerflora, wobei häufig die Makrophyten die empfindlichste Lebensgemeinschaft darstellen. In über 90 % aller natürlichen Seen verfehlen die Makrophyten den guten ökologischen Zustand. Die Bewertung des Freiwassers anhand des Phytoplanktons zeigt ein positiveres Bild: Anhand der Mikroalgen wurden 39 % der 62 Seen mit "gut" und "sehr gut" bewertet. Nur bei 3 Seen befinden sich die Mikroalgen im schlechten Zustand.

Das Makrozoobenthos wurde im Schwerpunkt an den größeren Seen des Landes untersucht. Dort zeigt sich, dass die Uferzone der Seen anhand des Makrozoobenthos mit "sehr gut" bis "mäßig" bewertet wurde. Nur der Große Plöner See wurde aufgrund des Schilfrückgangs und der Vielzahl der eingewanderten Arten mit "unbefriedigend" beurteilt.

Ähnlich gut war das Ergebnis bei den Fischen. Es ergaben sich anteilig je zur Hälfte gute bis mäßige Bewertungen.

Der Schluensee wird anhand des Phytoplanktons und der Unterwasservegetation mit gut und anhand des Makrozoobenthos sogar mit sehr gut bewertet. Die Artenzusammensetzung der Fische führt jedoch zu einer Abwertung. Hier wird derzeit geprüft, ob die Bewertung anhand der Fische noch zutreffend ist.

 Abbildung 1: Bewertung des ökologischen Zustandes (ÖZ) der 62 natürlichen schleswig-holsteinischen Seen mit einer Seefläche größer als 0,5 km² (Datengrundlage: Bewertungsdaten des 3. Bewirtschaftungsplans bis zum Jahr 2019)
Abbildung 1: Bewertung des ökologischen Zustandes (ÖZ) der 62 natürlichen schleswig-holsteinischen Seen mit einer Seefläche größer als 0,5 km² (Datengrundlage: Bewertungsdaten des 3. Bewirtschaftungsplans bis zum Jahr 2019)

Dargestellt ist die Qualität der vier Lebensgemeinschaften und der flussgebietsspezifischen Schadstoffkonzentrationen sowie der daraus resultierende ökologische Gesamtzustand. Für die unterstützenden Qualitätskomponenten (Wasserhaushalt, Morphologie, Gesamt-Phosphor, Sichttiefe) zeigen die Daten, ob die vorgeschriebene Qualität eingehalten oder verfehlt wird.
Datengrundlage: Bewertungsdaten des 3. Bewirtschaftungsplans bis zum Jahr 2019.

Hinsichtlich der flussgebietsspezifischen Schadstoffe ist nur in 4 von 62 Seen eine Überschreitung der Umweltqualitätsnorm zu verzeichnen. Im Suhrer See ist der biologische Zustand der Lebensgemeinschaften zwar gut, jedoch führt eine PCB-Belastung des Sediments aufgrund von Altlasten zur Abwertung dieses Ergebnisses.

Die Hydrologie und die Morphologie stellen nur bei wenigen Seen eine Belastung dar. Anhand beider unterstützenden Komponenten werden in den meisten Fällen die Vorgaben der WRRL eingehalten.

Anhand der Qualitätskomponente Phosphor ist zu erkennen, dass nur wenige Wasserkörper den Orientierungswert für den guten ökologischen Zustand einhalten. Dieses Ergebnis unterstützt die Aussage, dass bei den Seen erhöhte Nährstoffeinträge maßgeblich für die Nichteinhaltung der Ziele der EG-WRRL verantwortlich sind.

Der Orientierungswert für Sichttiefe wird bei 23 Wasserkörpern eingehalten und zeigt somit ein ähnliches Bild wie das Bewertungsergebnis anhand des Phytoplanktons.

Nach gegenwärtigem Kenntnisstand werden die Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie mittelfristig, d.h. bis zum Jahr 2027, voraussichtlich nur an wenigen Seen erreicht.

4. Wie wird das ökologische Potenzial der künstlichen schleswig-holsteinischen Seen eingeschätzt?

Für die Ableitung des ökologischen Potenzials der künstlichen Seen existiert deutschlandweit ein abgestimmtes Verfahren. Für das höchste ökologische Potenzial werden in der Regel die Referenzbedingungen desjenigen natürlichen Gewässertyps herangezogen, der am ehesten mit dem künstlich entstandenen Gewässer vergleichbar ist. Bewertet wird das Potenzial mit den biologischen Verfahren, die zunächst für natürliche Seen entwickelt wurden und später für künstliche Seen angepasst wurden.

Die künstlichen Seen an der Nordseeküste lassen sich jedoch keinem der natürlichen Seetypen zuordnen. Grund dafür ist der sehr nährstoffreiche Wattboden in den relativ jung eingedeichten Gebieten und der Einfluss des Nordseewassers. Salzwassereinfluss und ein hoher natürlicher Nährstoffgehalt ist bei keinem der bisher definierten Seetypen charakteristisch.

Daher wurde für die Potenzialbewertung dieser Seen folgende Vorgehensweise entwickelt:

  • Die Referenztrophie der nicht durchflossenen Seen in den Kögen liegt aufgrund der hohen P-Konzentrationen im Grundwasser im hypertrophen Bereich. Für die durchflossenen Westküstenseen werden die Orientierungswerte von den Fließgewässern der Marschen (Typ 22) herangezogen. Diese wurden bei allen durchflossenen See-Wasserkörpern eingehalten.
  • Eine Übertragung der Untersuchungsergebnisse von den zugeordneten Fließgewässer-Wasserkörpern hinsichtlich der flussspezifischen Schadstoffe ergab bei allen künstlichen Seen der Westküste keine Überschreitung der Umweltqualitätsnormen.

Mit diesen Vorgaben und unter Einbeziehung bestimmter Nutzungsaspekte (Hochwasserschutz, Naturschutz) wird das ökologische Potenzial für alle elf künstlichen Seen mit gut bewertet.

5. Literatur und weiterführende Informationen

EG-WRRL (2000). RICHTLINIE 2000/60/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik; Amtsblatt Nr. L 327 vom 22/12/2000 S. 0001 – 0073

OGewV (2016). Oberflächengewässerverordnung vom 20. Juni 2016 (BGBl. I S. 1373), die durch Artikel 255 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist.

Informationsportal zur Bewertung der Oberflächengewässer in Deutschland gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie:

www.gewaesser-bewertung.de

Informationsportal des LLUR SH zu den Seen Schleswig-Holsteins:

www.Schleswig-Holstein.de/Seen

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